Koenigsbrunner Zeitung

Das mag Donald

Präsident Trump fordert nicht nur seine Landsleute auf, keine deutschen, sondern US-Cars zu fahren. Doch welche kommen da eigentlich infrage? Unser Autor hat sich vor Ort umgesehen – und einige Widersprüc­he gefunden

- VON MICHAEL GEBHARDT

Ohne Auto funktionie­rt in den USA so gut wie gar nichts – zu weit sind die Wege im Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten, zu schlecht das Trottoir und zu bequem die Bürger.

Auch Präsident Donald Trump hat sich gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Autobauer vorgenomme­n: Zum einen will er die strengen Umweltvors­chriften lockern – der Klimawande­l zählt schließlic­h zu den Fake News! –, zum anderen sollen die US-Bürger wieder mehr amerikanis­che Autos kaufen. Getreu seiner Maxime „America first“machte er Ford den Bau eines Werks in Mexiko madig, wetterte gegen BMW und stellte in einem Interview die Frage, warum in Europa denn niemand Chevrolet fahre, während in New York „fast jeder einen Benz vor seinem Haus“stehen habe. In der Megacity, quasi am

„Wer ein gutes Auto will, kauft kein amerikanis­ches.“

Fuße des Trump Towers, startet am Freitag auch die „New York Auto Show“. Sie ist Amerikas meistbesuc­hte Automesse.

Das mit dem Benz ist übrigens weit mehr als ein Gerücht; deutsche Autos stehen in den USA tatsächlic­h hoch im Kurs. Selbst in den abgelegens­ten Örtchen findet sich oft eine German-Car-Werkstatt. „Wer ein gutes Auto will, kauft kein amerikanis­ches“, erzählt Tim Miller, der seit 30 Jahren in der Sierra Nevada eine Service-Station für VW, BMW und Porsche betreibt. Das dürfte der Präsident freilich nicht gerne hören.

Doch was soll der Ami denn nach Donalds Willen fahren? Gefallen dürften dem Ober-Amerikaner Autos vom Schlage des Ford F 150. Seit Jahrzehnte­n sichert sich der Pick-up den Titel des meistverka­uften Autos in den USA und muss sich weltweit nur dem Toyota Corolla geschlagen geben. Das Erfolgsrez­ept: die Größe. Kein F-150 misst unter 5,32 Meter. Beim Antrieb setzt Ford allerdings nicht mehr nur auf voluminö- V8-Aggregate, sondern verbaut seit einiger Zeit auch „kleinere“Sechszylin­der.

Ford sichert sich aber nicht nur in der Zulassungs­statistik den ersten Platz, sondern auch in der ImageWertu­ng. Kaum ein anderes Auto verkörpert den American Way of Life so gut wie der Ford Mustang. Seit den 60er Jahren lässt das als Coupé und Cabriolet erhältlich­e Pony-Car vor allem Männerherz­en höherschla­gen und sammelt auch in der aktuellen Generation mehr Sympathie-Punkte als zum Beispiel der kantige Chevrolet Camaro.

Dem Reiz, einmal Mustang zu fahren, erliegen immer wieder auch Touristen am Mietwagen-Schalter, sie den Ford für einen geringen Aufpreis statt des eigentlich gebuchten SUV haben können. Wer auf sein Herz statt den Verstand hört, erlebt schnell sein blaues Wunder. Obwohl der Mustang mit fast 4,80 Meter nicht klein ist, passt in den Kofferraum kaum Gepäck.

Ein Phänomen, das auch die amerikanis­chste aller Limousinen teilt. Beziehungs­weise teilte, denn das Lincoln Town Car wurde 2011 eingestell­t. Trotzdem gehört der klassische Viertürer immer noch zu den Hinguckern schlechthi­n auf der Straße, und das nicht nur, weil er gerne um ein Vielfaches seiner ursprüngli­chen Länge gestreckt wird.

Gut möglich, dass der neue Präsise dent bald auf die Idee kommt, Lincoln zu einer Neuauflage des großen Klassikers mit wenig Platz zu überreden. Denn der als Ersatz aufgelegte Crossover Lincoln MKT kann mit der Eleganz des Town Cars bei weitem nicht mithalten – und verkauft sich auch nicht gut. Wer eine stattliche Limousine will, greift jetzt lieber zum Cadillac XTS: Der Nachfolger der Modelle STS und DTS erstreckt sich auf über fünf Meter und garantiert gemütliche­s Gleiten.

Würde der Präsident allerdings über den Tellerrand schauen, merkte er, dass das amerikanis­chste aller Autos gar nicht von einem US-Hersteller kommt. Schon seit 1994 muss auf den Verkaufssc­hildern von Neuwenn wagen der in den USA geschöpfte Wert des Autos angegeben werden, und der liegt mit 75 Prozent beim Toyota Camry am höchsten!

Da können Klassiker wie der Jeep Wrangler oder die Corvette nicht mithalten, und selbst der F-150 bringt es nur auf gut 70 Prozent USAnteil – ganz abgesehen von den nahezu ausschließ­lich in den USA verkauften Buick-Modellen. Die sind nämlich zum Großteil Opel-Nachbauten. Bald schon aber soll ein neuer „Nationalhe­ld“auf den Markt kommen: Das Tesla Model 3 soll zu über 90 Prozent amerikanis­ch sein. Dann müsste sich Donald Trump nur noch mit dem Elektro-Antrieb anfreunden.

 ?? Foto: Michael Gebhardt ?? Wunsch und Wirklichke­it: Obwohl Trump das nicht gefällt, sind Autos „Made in Germany“überall in den USA präsent. Hier stehen ein VW Käfer und ein BMW 633 CSI vor einer Werkstatt in der Sierra Nevada (Kalifornie­n).
Foto: Michael Gebhardt Wunsch und Wirklichke­it: Obwohl Trump das nicht gefällt, sind Autos „Made in Germany“überall in den USA präsent. Hier stehen ein VW Käfer und ein BMW 633 CSI vor einer Werkstatt in der Sierra Nevada (Kalifornie­n).
 ?? Foto: Michael Gebhardt ?? Zusammen mit dem Ford Mustang der Prototyp des amerikanis­chen Muscle Cars: der kantige Chevrolet Camaro, gesehen in Los Angeles.
Foto: Michael Gebhardt Zusammen mit dem Ford Mustang der Prototyp des amerikanis­chen Muscle Cars: der kantige Chevrolet Camaro, gesehen in Los Angeles.
 ?? Foto: Lincoln ?? Diesen Klassiker kennt auch in Europa jeder: das Lincoln Town Car. 2011 wurde die amerikanis­chste aller Limousinen allerdings eingestell­t.
Foto: Lincoln Diesen Klassiker kennt auch in Europa jeder: das Lincoln Town Car. 2011 wurde die amerikanis­chste aller Limousinen allerdings eingestell­t.
 ?? Foto: Ford ?? Amerika ist Pick up Land: hier der Best seller Ford F 150.
Foto: Ford Amerika ist Pick up Land: hier der Best seller Ford F 150.
 ?? Foto: Cadillac ?? Eine stattliche US Limousine von heute: der Cadillac XTS.
Foto: Cadillac Eine stattliche US Limousine von heute: der Cadillac XTS.

Newspapers in German

Newspapers from Germany