Ein Mittelfranke siegt im Dichterwettstreit
Rund 200 Besucher erleben im Matrix einen vielseitigen Poetry-Slam. Acht Künstler treten mit witzigen und tiefgründigen Texten auf
Königsbrunn. „Ich sag „Poetry!“, ihr sagt ...?“mit dieser Auftaktfrage stieg Moderator Horst Thieme in den Poetry Slam im Königsbrunner Jugendzentrum Matrix ein. Und „Slam!!!!“hallte die lautstarke Antwort aus dem Publikum zurück. Bei dieser Literaturveranstaltung moderner und besonderer Art, ein Kooperationsprojekt der Königsbrunner Arbeiterwohlfahrt und des Matrix-Teams, handelt es sich um einen literarischen Wettstreit.
Der Ursprung des Poetry-Slams reicht in die 80er-Jahre zurück. Dabei tragen verschiedene Slammer auf einer Bühne vor Publikum ihre selbst geschriebenen Texte innerhalb einer festgelegten Zeit vor. Die Intensität des Publikumsbeifalls nach dem literarischen Vortrag entscheidet am Ende, wer gewinnt.
Moderator Horst Thieme, der in der Augsburger Poetry-Slam-Szene einen guten Namen hat, fand den richtigen Umgangston mit den fast 200 Zuhörern, die zu 90 Prozent der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen angehörten und sorgte dafür, dass aus dem Slam keine gediegene Kulturveranstaltung wurde.
Und die Zuhörer ließen sich in den zwei Stunden gerne die zum Teil frei vorgetragenen traurigen, lustigen oder melancholischen Texte und Gedichte „um die Ohren hauen“.
Insgesamt acht Slammer traten jeweils zehn Minuten in zwei Vortragsblöcken ans Mikrofon, an deren Ende jeweils ein Gewinner durch Applaus als Teilnehmer für das Finale gekürt wurde. Die Texte, die das Publikum zu hören bekam, konnten unterschiedlicher nicht sein: Den Start machte Andrea Zuther aus Nürnberg, die in ihrem teils leidenschaftlichen Vortrag einen Bogen zwischen den Fluchterfahrungen ihrer Oma im Zweiten Weltkrieg und den Flüchtenden heute spannte.
Darauf folgte Eva Stepkes aus dem Chiemgau, die kritisch-witzig über ihre Erfahrungen mit Vorstellungsgesprächen reflektierte. Der Slammer Mo aus Passau beeindruckte stilistisch und rhetorisch mit seinem spannungsgeladenen Text „Der Geißbock“, als er die Zuhörer in die „finsteren Januarnächte“mitnahm und erschauern ließ. Mit Moritz Gruber und der espritgespickten perspektivlosen Selbstreflexion eines von der Gesellschaft Vernachlässigten und Traumatisierten endete der erste Vortragsblock.
In der Pause wurde unter den Zuhörern bereits über die gehörten Vorträge lebhaft diskutiert. Deutschlehrerin Bernadette König von der Hans-Leipelt-Schule (BOSFOS) in Donauwörth hatte einen Großteil ihrer zwölften Klasse und der Theatergruppe mitgebracht, um ihren Schülern einen „modernen Weg“der Beschäftigung mit literarischen Texten zu eröffnen. Für sie war der Vortrag des Slammers Mo ein hervorragendes Beispiel, das sie der Theatergruppe ans Herz legte. Diese bereite sich gerade auf die Premiere ihres Stücks „Beziehungsweise“nach Ostern vor.
Block zwei eröffnete als jüngster Slammer Robin Fischer aus Königsbrunn mit einer melancholischen emotionsstarken Selbstreflexion. Auf ihn folgten Franz Tea und seine lustigen Vierzeiler über Frösche. Ezgi Zengin aus Augsburg brachte dann mit ihren Erfahrungen als Türkin, die die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat, die Zuhörer zum Lachen. Den Abschluss machte Lucas Fassnacht aus Erlangen. Er amüsierte das Publikum mit „Die Rache des Spießers“.
Im Finale konkurrierten dann mit jeweils fünf Minuten Vortrag Moritz Gruber und Lucas Fassnacht. Und der Publikumsapplaus kürte schließlich Slammer Lucas Fassnacht mit seinem stilistisch und rhetorisch ausgefeilten tragisch-komischen Text von „Frau Klein“, einer Beamtin, die sich eines Tages einen Schnurrbart ins Gesicht malt, zum Gewinner.
Damit war die Veranstaltung aber noch lange nicht aus, und die Zuhörer hatten mit der Band John Garner, die mit ihren selbst geschriebenen Songs und den begleitenden Gitarrenund Akkordeonklängen den Abend umrahmten, noch weiter Anlass, zu applaudieren. Petra Fischer von der AWO Königsbrunn versprach, dass man diese Art Veranstaltung sicher wiederholen wird.
Texte um die Ohren gehauen