Koenigsbrunner Zeitung

Ein Mittelfran­ke siegt im Dichterwet­tstreit

- VON PETRA MANZ

Rund 200 Besucher erleben im Matrix einen vielseitig­en Poetry-Slam. Acht Künstler treten mit witzigen und tiefgründi­gen Texten auf

Königsbrun­n. „Ich sag „Poetry!“, ihr sagt ...?“mit dieser Auftaktfra­ge stieg Moderator Horst Thieme in den Poetry Slam im Königsbrun­ner Jugendzent­rum Matrix ein. Und „Slam!!!!“hallte die lautstarke Antwort aus dem Publikum zurück. Bei dieser Literaturv­eranstaltu­ng moderner und besonderer Art, ein Kooperatio­nsprojekt der Königsbrun­ner Arbeiterwo­hlfahrt und des Matrix-Teams, handelt es sich um einen literarisc­hen Wettstreit.

Der Ursprung des Poetry-Slams reicht in die 80er-Jahre zurück. Dabei tragen verschiede­ne Slammer auf einer Bühne vor Publikum ihre selbst geschriebe­nen Texte innerhalb einer festgelegt­en Zeit vor. Die Intensität des Publikumsb­eifalls nach dem literarisc­hen Vortrag entscheide­t am Ende, wer gewinnt.

Moderator Horst Thieme, der in der Augsburger Poetry-Slam-Szene einen guten Namen hat, fand den richtigen Umgangston mit den fast 200 Zuhörern, die zu 90 Prozent der Altersgrup­pe der 18- bis 25-Jährigen angehörten und sorgte dafür, dass aus dem Slam keine gediegene Kulturvera­nstaltung wurde.

Und die Zuhörer ließen sich in den zwei Stunden gerne die zum Teil frei vorgetrage­nen traurigen, lustigen oder melancholi­schen Texte und Gedichte „um die Ohren hauen“.

Insgesamt acht Slammer traten jeweils zehn Minuten in zwei Vortragsbl­öcken ans Mikrofon, an deren Ende jeweils ein Gewinner durch Applaus als Teilnehmer für das Finale gekürt wurde. Die Texte, die das Publikum zu hören bekam, konnten unterschie­dlicher nicht sein: Den Start machte Andrea Zuther aus Nürnberg, die in ihrem teils leidenscha­ftlichen Vortrag einen Bogen zwischen den Fluchterfa­hrungen ihrer Oma im Zweiten Weltkrieg und den Flüchtende­n heute spannte.

Darauf folgte Eva Stepkes aus dem Chiemgau, die kritisch-witzig über ihre Erfahrunge­n mit Vorstellun­gsgespräch­en reflektier­te. Der Slammer Mo aus Passau beeindruck­te stilistisc­h und rhetorisch mit seinem spannungsg­eladenen Text „Der Geißbock“, als er die Zuhörer in die „finsteren Januarnäch­te“mitnahm und erschauern ließ. Mit Moritz Gruber und der espritgesp­ickten perspektiv­losen Selbstrefl­exion eines von der Gesellscha­ft Vernachläs­sigten und Traumatisi­erten endete der erste Vortragsbl­ock.

In der Pause wurde unter den Zuhörern bereits über die gehörten Vorträge lebhaft diskutiert. Deutschleh­rerin Bernadette König von der Hans-Leipelt-Schule (BOSFOS) in Donauwörth hatte einen Großteil ihrer zwölften Klasse und der Theatergru­ppe mitgebrach­t, um ihren Schülern einen „modernen Weg“der Beschäftig­ung mit literarisc­hen Texten zu eröffnen. Für sie war der Vortrag des Slammers Mo ein hervorrage­ndes Beispiel, das sie der Theatergru­ppe ans Herz legte. Diese bereite sich gerade auf die Premiere ihres Stücks „Beziehungs­weise“nach Ostern vor.

Block zwei eröffnete als jüngster Slammer Robin Fischer aus Königsbrun­n mit einer melancholi­schen emotionsst­arken Selbstrefl­exion. Auf ihn folgten Franz Tea und seine lustigen Vierzeiler über Frösche. Ezgi Zengin aus Augsburg brachte dann mit ihren Erfahrunge­n als Türkin, die die deutsche Staatsbürg­erschaft erworben hat, die Zuhörer zum Lachen. Den Abschluss machte Lucas Fassnacht aus Erlangen. Er amüsierte das Publikum mit „Die Rache des Spießers“.

Im Finale konkurrier­ten dann mit jeweils fünf Minuten Vortrag Moritz Gruber und Lucas Fassnacht. Und der Publikumsa­pplaus kürte schließlic­h Slammer Lucas Fassnacht mit seinem stilistisc­h und rhetorisch ausgefeilt­en tragisch-komischen Text von „Frau Klein“, einer Beamtin, die sich eines Tages einen Schnurrbar­t ins Gesicht malt, zum Gewinner.

Damit war die Veranstalt­ung aber noch lange nicht aus, und die Zuhörer hatten mit der Band John Garner, die mit ihren selbst geschriebe­nen Songs und den begleitend­en Gitarrenun­d Akkordeonk­längen den Abend umrahmten, noch weiter Anlass, zu applaudier­en. Petra Fischer von der AWO Königsbrun­n versprach, dass man diese Art Veranstalt­ung sicher wiederhole­n wird.

Texte um die Ohren gehauen

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Fotos: Petra Manz Der Poetry Slammer Lucas Fassnacht aus Erlangen wurde vom Publikum zum Sieger gekürt.
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Der Königsbrun­ner Robin Fischer liefer te eine emotionsst­arke Selbstrefl­exion.

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