In ihrem Beruf blüht sie auf
Annika Fink hat mit der Ausbildung zur Floristin ihren Traumberuf gefunden. Dafür pendelt sie sogar von Österreich nach Deutschland. Weshalb sie sich keinen anderen Job mehr vorstellen kann
Der Weg zum Traumberuf führt für viele junge Menschen über eine Ausbildung. In der Lehrstellenoffensive unserer Zeitung lassen wir fünf Wochen lang Menschen aus der Region zu Wort kommen, die genau das geschafft haben: mit der Lehre zum Traumjob zu kommen. Oberstaufen Eine rote und eine gelbe Primel hätte sie noch gerne. „Und haben Sie dunkelrote Nelken?“, fragt die ältere Dame in der Gärtnerei. Die würden sich gut neben den pinken Frühlingsblumen im bepflanzten Gartenkorb machen. „Und einen Osterstrauß brauche ich auch noch“, fügt die Dame an. Die Auszubildende Annika Fink sieht noch einmal an ihrer Arbeitsstelle bei der Gärtnerei Stehle in Oberstaufen im Kreis Oberallgäu nach und schaut nach den dunkelroten Nelken. Sie nimmt sich Zeit, berät die Stammkundin ausführlich. Seit anderthalb Jahren macht die 19-Jährige eine Ausbildung zur Floristin. Sie hat ihren Traumberuf gefunden.
Blumensträuße binden, Osternester herrichten, das Gesteck für ein Hochzeitsauto kreieren – es ist die Abwechslung, die Annika Fink an ihrem Beruf so reizt. Kein Strauß ist wie der andere, kein Gesteck identisch. Der skurrilste Auftrag? Einmal, erzählt Fink, wollte ein Musikverein eine mit Blumen geschmückte Tuba. „Mit gelben Gerbera, lachsfarbenen Rosen und viel Grün“, erinnert sich die 19-Jährige.
Schon als Kind bewunderte Fink die Blumen im Beet ihrer Großmutter. Sie half ihr bei der Gartenarbeit, lernte viel über Pflanzen, zeigte Geschick. Heute sagt die 19-Jährige: „Ich wusste schon damals, dass ich gerne einmal in einem Blumengeschäft arbeiten möchte.“Und doch kam sie über Umwege zu ihrer Ausbildung. Fink lebt mit ihren Eltern und ihren vier Schwestern im österreichischen Riefensberg in Vorarlberg (Bezirk Bregenz). Ein beschaulicher Ort mit rund 1000 Einwoh- nern, in dem man mit Piercings oder einem Tattoo auffällt. „Aber mir ist das egal“, sagt die 19-Jährige und zeigt auf ihr Blumentattoo an der Schulter. „Ich glaube, ich war schon immer ein bisschen anders.“
An ihre Schulzeit erinnert sich Fink gerne: „Weil ich dort jeden Tag meine Freunde gesehen habe.“Doch es war immer schon das Praktische, das ihr mehr lag. Nach der österreichischen Hauptschule macht sie zunächst eine Ausbildung zur Schneiderin an einer weiterführen- den Schule in Österreich. Das Entwerfen und Schneidern von Kleidern und Jacken macht ihr Spaß. Sie sagt: „Eigentlich konnte ich mich da kreativ ausleben.“Doch die Aussichten auf eine Festanstellung als Schneiderin sind in Österreich schlecht.
Auf der Suche nach einer Lehre zur Floristin, ihrem Kindheitstraum, wird sie in Österreich nicht fündig. Fink sucht ihr Glück im etwa 13 Kilometer entfernten Oberstaufen in Deutschland. Eigentlich kein weiter Weg. Doch es sind mehr als die 13 Kilometer, die zwischen ihrem Heimatort und ihrer heutigen Arbeitsstelle liegen. „Es ist schon komisch, aber keiner meiner Freunde arbeitet in Deutschland“, sagt Fink. Vielleicht liege das an Vorurteilen auf beiden Seiten. Außer dem Dialekt und dem Autokennzeichen würden sich die Menschen jenseits der Grenze aber kaum von den Österreichern unterscheiden, meint die 19-Jährige.
An Finks erstem Tag zur Probearbeit kann sich ihr Chef Thomas Stehle noch gut erinnern. Er sagt: „Sie hat ein freundliches Wesen und stellte sich gleich am ersten Tag geschickt an.“Nach dem Probetag sagte der Geschäftsführer der Gärtnerei allen anderen Bewerbern gleich ab. „Ich habe ein Gefühl dafür, wer eine gute Floristin wird.“Seit 90 Jahren gibt es das Familiengeschäft im Allgäu, mittlerweile in dritter Generation. Besonders in den letzten Jahren vergrößerte sich die Gärtnerei mit Blumenladen immer wieder. Heute hat Stehle zehn Angestellte in seinem Unternehmen, drei davon in Ausbildung. Das Geschäft laufe gut, sagt er.
Den süßlichen Duft frischer Blumen würde Annika Fink gerne noch lange genießen. Ein anderer Beruf kommt für sie nicht mehr in Frage. Vielleicht, erzählt die Österreicherin, möchte sie mit einer Freundin einmal ein eigenes Blumengeschäft eröffnen.
Und dann macht sich die Auszubildende wieder an ihre Arbeit. Der Osterstrauß für die ältere Dame wird bald abgeholt. Wie genau der aussehen wird, weiss Fink noch nicht. Zu Ostern aber, sagt sie, passen Narzissen, Tulpen oder Ranunkeln in orange, gelb oder rot.
OUnsere Lehrstellenoffensive ist eine Aktion mit den Arbeitsagenturen der Region, der Industrie und Handelskam mer Schwaben und der Handwerks kammer für Schwaben. Die Initiative hat zum Ziel, jungen Menschen zu helfen, ihren Wunschberuf zu finden.
So wird man Floristin
Schulabschluss: Es wird ein Mittelschulabschluss oder mittlere Reife empfohlen.
Dauer: Die Ausbildung dauert drei Jahre. Bei guter Leistung kann auf zweieinhalb verkürzt werden
Vergütung: Während der Lehre liegt das Gehalt bei etwa 600 bis 700 Euro brutto. Ein Einstiegsgehalt zwischen 1500 und 1800 Euro ist als Florist üblich.
Weiterbildung: Nach der Gesel lenzeit ist eine Meisterprüfung möglich. Wer Abitur hat, kann Floris tik auch auf Lehramt studieren und später als Berufsschullehrer arbeiten. (kinp)