Warum Wasser immer anders schmeckt
Deutschland ist ein Land der Mineralwasser-Trinker. Der Münchner Peter Schropp ist Wassersommelier. Er erklärt, warum das kühle Nass salzig, bitter oder sogar süß ist
München Peter Schropp hat aufgetischt: Vier Gläser mit durchsichtigem Inhalt stehen auf dem Tisch. Sie sehen alle gleich aus – denn sie sind mit stillem Mineralwasser gefüllt. Doch auch Wasser schmecken unterschiedlich, diese vier ganz besonders. Und genau das will Schropp heute vorführen. Das eine unauffällig, das nächste bitter, eines erzeugt einen trockenen Mund. Doch was ist der Grund für die Unterschiede bei dem vermeintlich einfach gestrickten Lebensmittel?
Es liegt an der Zusammensetzung der Mineralstoffe, erklärt Schropp. Der Lebensmittelchemiker arbeitet an der Doemens Akademie in Gräfelfing bei München, einem Fortbildungsund Beratungsunternehmen für die Getränke- und Lebensmittelwirtschaft. Schropp hat sich in den vergangenen Jahren auf das Getränk Wasser spezialisiert und zusammen mit seinen Kollegen eine Weiterbildung zum Wassersommelier entwickelt. In einem zweiwöchigen Kurs können sich Interessierte zu Experten rund um Mineralwasser ausbilden lassen. Dabei lassen sich die Unterschiede bei stillem Wasser besonders gut erkennen. In den Kursen lernen die Teilnehmer unter anderem, wie Calcium, Natrium, Magnesium und Hydrogencarbonat den Geschmack des Wassers verändern.
Calcium Viel Calcium im Wasser sorgt für einen leicht bitteren Geschmack. „Viel Calcium ruft oft ein trockenes Mundgefühl hervor“, sagt Schropp. Laut Mineralwasser-Verordnung darf ein Wasser mit mehr als 150 Milligramm pro Liter calciumhaltig genannt werden.
Magnesium Der Geschmack von Magnesium im Wasser werde sehr unterschiedlich beschrieben, sagt Schropp: „Manchmal bitter, manchmal aber auch süßlich.“Viel Magnesium im Wasser liegt bei mehr als 50 Milligramm pro Liter vor.
Natrium Salzig schmeckendes Mineralwasser ist besonders natriumhaltig. So bezeichnet werden dürfen Wässer mit mehr als 200 Milligramm Natrium pro Liter. „Natrium ist für viele Verbraucher aber etwas Negatives, daher wird eher natriumarmes Wasser beworben“, sagt Schropp. Der Grenzwert liegt dafür bei weniger als 20 Milligramm.
Hydrogencarbonat Der Einfluss von Hydrogencarbonat auf den Geschmack eines Wassers lässt sich am besten beim Mischen einer Schorle zeigen. Denn Hydrogencarbonat bindet Säure. „Eine Schorle mit einem Wasser mit viel Hydrogencarbonat schmeckt daher kaum noch säuerlich“, sagt Schropp. Wasser mit mindestens 600 Milligramm Hydrogencarbonat pro Liter wird bicarbonathaltig genannt.
Wenige Mineralstoffe Besonders wenige Mineralstoffe im Wasser bedeuten nicht, dass es neutral schmeckt. „Wenn ein Wasser von den Mineralstoffen her dem Speichel ähnelt, erkennt der Mensch keine Reizänderung“, sagt Schropp. Daher werde ein Wasser mit 600 bis 700 Milligramm Mineralstoffen pro Liter meist am mildesten und weichsten beschrieben.
In Deutschland sind nach Angaben des Verbands Deutscher Mineralbrunnen derzeit über 850 natürliche Mineralwässer amtlich anerkannt. Die Vielfalt ist also sehr groß, auch was die Mineralstoffzusammensetzungen angeht. Der Konsum von Mineralwasser – ob still oder sprudelnd – ist nach Angaben des Mineralbrunnen-Verbands in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen: Während 1970 nur rund zwölf Liter pro Person pro Jahr getrunken wurden, waren es 2015 rund 147 Liter. Doch ist Mineralwasser besser als Leitungswasser? „Es gibt eigentlich nichts Reineres als ein Mineralwasser“, sagt Peter Schropp. Zudem könnten die Mineralstoffe bei der Wahl des richtigen Wassers mögliche Mängel ausgleichen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung entgegnet: „Der Beitrag von Mineralwasser zur Nährstoffversorgung sollte nicht überschätzt werden.“Feste Lebensmittel seien die weit wichtigste Mineralstoffquelle für den Menschen. Mit Blick auf die Öko-Bilanz ist Leitungswasser „mit Abstand“die beste Wahl, wie Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe erklärt. „Wem Mineralwasser aber besser schmeckt, der sollte zu Mehrwegflaschen greifen“, sagt Fischer. Schließlich könne eine Mehrwegflasche gut 50 Mal wiederbefüllt werden – und sei damit deutlich umweltfreundlicher als Einwegflaschen. Fabian Nitschmann, dpa
Seit 1970 hat sich der Konsum verzwölffacht