Koenigsbrunner Zeitung

Hinteregge­r gibt sein letztes Hemd

Der Innenverte­idiger steht nach seiner Sperre gegen Köln wieder in der Startelf. Er will über die sportliche Krise nicht groß sprechen, sondern mit Taten überzeugen

- VON ROBERT GÖTZ

Nein, im Abstiegska­mpf hat Martin Hinteregge­r keine Erfahrung. Wer bisher in Österreich beim Klassenpri­mus RB Salzburg unter Vertrag stand, hatte andere Ziele. Die Millionen des Brausehers­tellers Red Bull verliehen auch den Fußball-Profis aus der Mozartstad­t Flügel. Vier Mal gewann Hinteregge­r mit Red Bull die Meistersch­aft, vier Mal den Pokal.

Dass der 24-Jährige nach seinem Wechsel Ende August zum FC Augsburg jetzt nach nicht einmal neun Monaten die harte Realität im Keller der Bundesliga zu spüren bekommt, macht ihm aber nichts aus. So ist sein Erfolgsrez­ept vor dem wichtigen Heimspiel am heutigen Samstag (15.30 Uhr) gegen den 1. FC Köln relativ simpel: „Im Endeffekt geht es nur um Fußball. Egal ob im Abstiegska­mpf oder im Spiel um die Meistersch­aft. Es geht in den 90 Minuten darum, dass man das durchbring­t, was man durchbring­en will.“Es geht also darum, dem Gegner sein Spiel aufzuzwing­en, sich nicht vom eigenen taktischen Konzept abbringen zu lassen, mehr Willen zu zeigen als die Konkurrent­en. Dem FCA ist dies zuletzt kaum noch gelungen.

Dabei schienen bis zur ersten englischen Woche nach der Winterpaus­e die Augsburger den direkten Abstiegska­mpf hinter sich gelassen zu haben. Zehn Punkte betrug das Polster auf den vorletzten FC Ingolstadt. Eigentlich ein beruhigend­er Vorsprung, der nach drei Niederlage­n innerhalb von einer Woche wie Schnee in der Aprilsonne zusammenge­schmolzen ist. Ein Pünktchen beträgt nur noch der Abstand auf den Tabellen-17. Ingolstadt, auf den ersten direkten Abstiegspl­atz.

Zweimal hat Hinteregge­r dabei gefehlt. Beim 0:6 gegen die Bayern wurde er geschont, beim 0:2 in Berlin war er Gelb-gesperrt. Beim dazwischen eingebette­ten 2:3 gegen den FC Ingolstadt war der Österreich­er zwar auch schlecht, doch eins kann man dem Kärntner nicht vorwerfen: mangelnden Kampf und Einsatz.

Diese Tugenden scheinen bei einigen seiner Mitspieler zuletzt aber zumindest phasenweis­e abhanden gekommen zu sein. Darum wurde zuletzt viel gesprochen. Für Hinteregge­r fast schon zu viel: „Ich bin kein Freund von großen Worten. Jeder weiß, worauf es ankommt. Wir müssen uns jetzt den Arsch aufreißen. Das ist das Einzige, was jetzt zählt.“

Der FCA braucht jetzt solche Typen, die sich keine großen Gedanken darüber machen, was passiert. Die in der Kabine nicht groß aufspreche­n, dafür auf dem Platz ihr letztes Hemd für den Verein geben.

Hinteregge­r ist auch keiner, der im Abstiegska­mpf einen Mentaltrai­ner braucht. „Hör mir damit auf, ich habe Freunde, wenn ich mal über etwas reden will.“Er weiß auch ohne psychologi­sche Hilfe, dass er und seine Kollegen gegen Köln anders auftreten müssen als zuletzt. Er wird sich nach seiner Gelb-Sperre wieder um Kölns Torjäger Anthony Modeste kümmern müssen. Im Hinspiel gelang das optimal. Endstand: 0:0.

Ein Unentschie­den wäre heute fast zu wenig. Dem FCA nützt eigentlich nur ein Sieg. Der Druck ist enorm. An Hinteregge­r scheint das alles abzuperlen. „Wenn wir das Spiel gewinnen, haben wir ein Spiel gewonnen. Wenn wir alle sechs Spiele gewinnen, steigen wir wahrschein­lich nicht ab“, sagt er trocken.

Der leidenscha­ftliche Jäger wirkt abgebrüht. Doch Hinteregge­r hat ein gutes Gespür für die Situation. Ihm ist klar, dass sein Team in der Bringschul­d ist, besonders den eigenen Fans gegenüber. Die stehen (noch) hinter den Spielern. Wie schon gegen Ingolstadt ist gegen Köln der Heimbereic­h ausverkauf­t. Hinteregge­r baut auf die Unterstütz­ung: „Wenn wir 90 Minuten unser Spiel durchziehe­n und damit unsere Fans mitnehmen, wird es ein Gänsehauts­piel.“

Nur einmal wird Hinteregge­r nachdenkli­ch. Als er zum Bombenatte­ntat auf den Dortmunder Spielerbus gefragt wird, sagt er: „Es ist schwer, etwas dazu zu sagen, wenn man es selber nicht erlebt hat, wenn du im Bus sitzt und es explodiert um dich herum.“Er hofft, sagt er dann ernst, „dass alles gut geht die nächsten Wochen.“Und damit meint er nicht die sportliche Situation.

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Foto: Eibner Martin Hinteregge­r wird nach seiner Gelb Sperre in Berlin heute wieder im Abwehr zentrum spielen.

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