Schwabmünchner Eierg’schichten
Buch Maria Reichenauer beschäftigt sich auf 120 Seiten mit Anekdoten und Rezepten rund um das Thema Ei. Der Leser erfährt dabei nicht nur historische Details, sondern lernt auch, wie sich ein Dotter fühlt
Schwabmünchen So mancher köpft sein Frühstücksei beim Zeitungslesen ganz nebenbei mit dem Messer. Andere wiederum hauen sich die Eier in die Pfanne und verquirlen sie zu leckerem Rührei mit Speck. Und ganz viele Menschen blasen lediglich zu Ostern die Eier aus und pinseln die leeren Schalen farbig an. Für die Schwabmünchnerin Maria Reichenauer aber ist das Ei viel mehr als nur ein Lebensmittel oder eine österliche Dekoration. „Das Ei ist einfach etwas Wunderbares: Keimzelle des Lebens, wertvolles Nahrungsmittel, einzigartig in Form und Farbe.“
Mit diesen Worten beschreibt sie in ihrem neuen Buch ihre Verbundenheit zu dem fragilen ovalen Produkt. „Schwabmünchner Eierg’schichten“lautet daher der passende Titel, und Reichenauer hat auf 120 Seiten nicht nur viele Anekdoten, historische Hintergründe und mystische Geschichten zusammengetragen. „Ich habe mich zudem bei den heimischen Gastronomen umgehört und ihnen ihre Lieblingsrezepte für Eierspeisen entlockt“, sagt die Grafikerin und schmunzelt.
Was ihre Recherchen ergeben haben, kann sich in der Tat sehen lassen. Denn Reichenauer hat das Ei immer wieder in all seinen Facetten fotografisch bestens in Szene gesetzt. „Ich habe aber natürlich kein Ei nur des Fotos wegen blindwütig zerschlagen“, sagt sie. Dafür sei es ein viel zu wichtiges Lebensmittel. Und mit Essen spiele man nicht. Sie habe stattdessen ihre „Küchenunfälle“genutzt. „Es fällt einem ja schon mal ein Ei aus der Hand, landet auf dem Boden, platzt beim Kochen auf oder wird im Kühlschrank vergessen“, erklärt sie.
Diese Motive finden sich in ihrem Buch ebenso wie die Geschichte der „Prinzessin Eia von Dottersheim“, die sorgsam eingebettet in einem schönen großen weißen Ei lebt und sich wundert, dass viele ihrer Kolle- sich regelmäßig für Büfetts bewerben. Auch Ostern zählt nicht zu ihrem Lieblingsfest. Denn: Zu vieler ihrer Freunde verschwinden dann auf Nimmerwiedersehen.
Nicht fehlen darf in den „Schwabmünchner Eierg’schichten“natürlich die Frage, wer zuerst da war: das Huhn oder das Ei. Augenzwinkernd gibt Reichenauer neben interessanten historischen De- tails die Antwort auf diese Frage in einer Randspalte mit einem Gedicht des Lyrikers Eduard Mörike. Diese kleinen weißen Randspalten sind neben den in gelben Farbtönen gehaltenen Artikeln quasi das Salz auf dem gekochten Ei.
Reichenauer vermischt beispielsweise humorvolle Zitate wie von Mark Twain mit informativen Texten. So erfährt der Leser unter andegen rem, dass Straußeneierschalen auch heute noch von den KalahariBuschmännern als Wasserflaschen genutzt werden. Auch die Tatsache, dass Menschen schon Eier färbten und verzierten, lange bevor es das christliche Osterfest gab, ist nur eine der vielen Episoden in Reichenauers „Eierg’schichten“.
Die Grafikerin verrät aber auch ihre eigenen Lieblingsrezepte, wie etwa wilder Spargel mit Ei und Speck.
Doch nicht jeder Gastronom wollte ihr seine gut behüteten Rezepte verraten. „Manchen musste ich schon bei der Ehre packen, damit er mir die Zutaten verrät“, sagt Reichenauer und schmunzelt. Dank ihrer Beharrlichkeit steuerte aber schließlich auch Eva Schuler vom Hotel Deutschenbaur ihrer Ideenküche ein leckeres Honig-ThymianSoufflet bei.
Auslöser für Reichenauers „Schwabmünchner Eierg’schichten“war die Osterausstellung im Schwabmünchner Museum vor sechs Jahren. „Dort durfte ich die zahlreichen Exponate mit meinen Fotos begleiten und bin dadurch sozusagen ,auf das Ei‘ gekommen“, sagt sie. In der Folgezeit sind neue Fotos dazugekommen. „Und mit diesem Buch versuche ich nun, die fotografischen Momente und den begehrlichen Blick in die Töpfe und Pfannen zusammenzubringen.“Ein besonderes Anliegen war ihr dabei, auch die Menschen, die nicht in Schwabmünchen geboren sind, sondern beispielsweise aus großer Not gekommen sind, zu Wort kommen zu lassen. „Denn Kochen kennt keine Grenzen.“
Und Reichenauers großer Wunsch bei der Lektüre ihres Büchleins ist, „dass wir das Kriegsbeil mit dem Kochlöffel begraben“. Und wenn das tatsächlich funktioniert, dann hat Maria Reichenauer mit ihren „Schwabmünchner Eierg’schichten“sprichwörtlich das Ei des Kolumbus gefunden. Übrigens: Auch was sich hinter diesem geflügelten Wort verbirgt, steht in ihrem Buch, und zwar auf Seite 73.