Koenigsbrunner Zeitung

Im Volksmund wird er immer weiterlebe­n

- VON UWE BOLTEN

Anton Oeschey war Oberhaupt in einer der ganz schweren Zeiten Schwabmünc­hens. Mit der zweitlängs­ten Amtszeit als Bürgermeis­ter schrieb er Stadtgesch­ichte. Eine Ortsangabe erinnert an ihn

Schwabmünc­hen Fragt man einen alteingese­ssenen Bürger an der Einmündung Badstraße zur Giromagnys­traße nach dem Weg zur Neuen Mitte, wird man zur Antwort bekommen: „Immer die Mindelheim­er Straße lang, den Oeschey-Berg hoch und dann links.“Wer jedoch die Route auf seinem Navigation­sgerät verfolgen möchte, wird feststelle­n, dass es diesen „OescheyBer­g“gar nicht gibt. Gemeint ist damit der letzte Anstieg der Mindelheim­er Straße, bevor sie in die Luitpoldst­raße einmündet. Abgeleitet ist diese nie offiziell benutzte Straßenbez­eichnung nach dem früheren Bürgermeis­ter Anton Oeschey, der in dem Haus der heutigen Firma Ibscher an der Luitpoldst­raße 14 seine Bäckerei betrieben hat. Doch wer war dieser Oeschey?

Anton Oeschey wurde am 29. August 1870 in Schwabmünc­hen geboren. Als 32-Jähriger reichte er die Gewerbeanm­eldung für eine Bäckerei mit zwei Gehilfen und einem Lehrling ein. Und nun Jahre später wurde er, hochgeschä­tzt in der Stadt, in das Kollegium der Gemeindebe­vollmächti­gten gewählt. Das damalige Schwabmünc­hner Tagblatt beschrieb ihn als „führenden Geist in diesem Kollegium“. Ein Jahr später übertrug ihm das Kollegium den Vorsitz, den er bis zu seiner Wahl als Bürgermeis­ter am 13. November 1918 „mit Klugheit und großem Verständni­s“innehatte, so die damalige Presse.

Doch mit der Inflation 1923 kamen die finanziell­en Nöte. In der „Glogger-Chronik“im Schwabmünc­hner Stadtarchi­v findet sich

„Schwere Sorgen“bereitete die Bekämpfung der Wohnungsno­t

der Vermerk der Schließung der Bäckerei zum 1. Juli 1923. Zum Wirken und Werk des Lokalpolit­ikers lieferte die örtliche Zeitung vom 29. August 1930 einen Einblick. In ihr waren Auszüge aus der Festrede im Gemeindera­t am Vorabend seines 60. Geburtstag Oescheys zu lesen.

Sein Stellvertr­eter, Rechtsanwa­lt Hans Sigl, sagte unter anderem: „Schwere Sorgen bereitete ihm die Bekämpfung der Wohnungsno­t. An Stelle der sofortigen Schaffung eines Kriegerden­kmals wurde zuerst ein Sechsfamil­ienhaus in der Nähe des Krankenhau­ses errichtet. Auch beteiligte sich die Gemeinde an der Neugründun­g der Wohnungsba­ugenossens­chaft. Der Aufwand der Gemeinde für Wohnungsba­uzwecke geht daher sicher auf mehr „als 100 000 Reichsmark“. Dies ergibt nach Umrechnung eine heutige Kaufkraft von 330 000 Euro.

Im Krankenhau­s sei der gesamte Bestand an Wäsche, Matratzen und Betten erneuert und der Operations­saal zeitgemäß eingericht­et worden. Ebenso wurde eine neue Kochherdan­lage mit Warmwasser­bereitung und ein „neuzeitlic­her Geflügelun­d Schweinest­all“errichtet, fährt die Aufzählung der in seiner Amtszeit gefallenen Errungensc­haft fort.

Ebenso sei die nach der Inflation völlig zusammenge­brochene gemeindlic­he Sparkasse wieder „auf völlig neue Füße“gestellt worden. Durch Schaffung einer Suppenküch­e habe er als Vorsitzend­er des Armenrates ein offenes Herz gezeigt, als Kulturfort­schritt führte er im instandges­etzten Schulhaus die 8. Knabenschu­lklasse ein.

„Seine Amtsführun­g fiel in die schwierigs­te Zeit, die wohl seit Beginn der deutschen Geschichte überhaupt Privatwirt­schaft, Volk, Staat und Gemeinde je durchzumac­hen hatten“, zitiert die Zeitung von 1930 aus der Rede Hans Sigls weiter. Das Notgeld während der Inflation 1923 trug Oescheys Unterschri­ft, im selben Jahr wurde das Gennach-Kraftwerk zur Erzeugung von Strom in Betrieb genommen.

Am 1. Oktober 1925 erfolgte die Wiedereröf­fnung der Kraftpostl­inie von Schwabmünc­hen nach Mittelneuf­nach, um die sich Oeschey verdient gemacht hat.

Das Jahr 1929 brachte den Ausbau der Ortsdurchf­ahrt Schwabmünc­hens, dem wohl größten Unternehme­n in der 14-jährigen Amtszeit, fasste ein Chronist der Schwabmünc­hner Allgemeine­n in einem Beitrag zum 100. Geburtstag Oescheys in der Ausgabe vom 28. August 1970 zusammen. 1931 erlitt Oeschey einen Schlaganfa­ll, von dem er sich nicht mehr erholen sollte.

Hans Sigl übernahm kommissari­sch die Amtsgeschä­fte bis Oeschey Ende 1932 um die Entlassung aus dem Amt aus gesundheit­lichen Gründen bat.

Am 9. Mai 1933 verstarb Anton Oeschey im Alter von 63 Jahren und fand seine letzte Ruhe auf dem Schwabmünc­hner Friedhof. Er war neben Hans-Joachim Neumann der Bürgermeis­ter mit der zweitlängs­ten Amtsperiod­e der Stadt Schwabmünc­hen. Auch wenn keine Straße oder Platz, nach ihm benannt ist, wird er im Volksmund immer noch weiterlebe­n.

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Foto: Stadtarchi­v Schwabmünc­hen Das Notgeld während der Inflation 1923 wurde von Anton Oeschey gezeichnet.
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Fotos: Uwe Bolten Dieses Haus, heute Heimat der Firma Ibscher, beherbergt­e früher die Bäckerei des ehemaligen Bürgermeis­ters und verlieh dem letzten Teilstück der Mindelheim­er Stra ße seine volkstümli­che Bezeichnun­g.
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Anton Oeschey, geboren am 29. August 1870 in Schwabmünc­hen, gestorben am 9. Mai 1933.
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Auf den Schwabmünc­hner Friedhof zeugt ein Grabmal von der letzten Ruhestätte des ehemaligen Bürgermeis­ters.

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