Wenn die heile Welt zerbricht
Pfarrer Thomas Demel und Krisenseelsorgerin Michaela Grimminger bieten in Klosterlechfeld hilfreiche Angebote für Menschen nach einem Todesfall. Der Zeitpunkt ist ganz bewusst gewählt
Klosterlechfeld Wer die biblischen Ereignisse in der Karwoche aufmerksam liest oder in den Gottesdiensten begleitet, wird darin menschliche Schicksale entdecken – dies sind keine abstrakten Geschichten der Vergangenheit, sondern beschreiben Lebenswirklichkeiten. Da ist zunächst der umjubelte Jesus beim Einzug in Jerusalem, dann die einsame Todesangst am Ölberg und der bewegende Abschied von seinen treuesten Gefährten angesichts des bevorstehenden Todes. Dann der Verrat des Judas, der mit seiner Schuld nicht fertig wird und sich das Leben nimmt. Petrus verliert den Mut und leugnet, dass er Jesus kennt. Er findet aber später in der Vergebung eine neue Beziehung zu Jesus. Und schließlich eine Mutter, die um ihren toten Sohn trauert.
Pfarrer und Notfallseelsorger Thomas Demel stellt den aktuellen Bezug her: „Es gibt eine große Anzahl von Menschen, in vielfältigen Trauersituationen – etwa Frauen, die den Verlust ihres Kindes als Früh- oder Totgeburt zu bewältigen haben.“Weil immer mehr Menschen mit den unterschiedlichsten Lebenskrisen an die Klosterpforten klopfen, ist ein bedürfnisorientiertes Gesamtkonzept entstanden, um die Hilfesuchenden gezielt unterstützen zu können. „Oft helfen auch Gespräche mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal wie zum Beispiel den Verlust eines Kindes oder ein traumatisches Ereignis erlitten haben“, sagt der Seelsorger der Pfarreiengemeinschaft Lechfeld. Deshalb sollen künftig unter dem Leitgedanken „Herzenswunden“verschiedene Angebote im ehemaligen Franziskanerkloster stattfinden.
An Pfarrer Demels Seite steht die erfahrene Krisenseelsorgerin Michaela Grimminger. Die Diözesanbeauftragte des Bistums Augsburg für Krisenseelsorge im Schulbereich ist auch Ausbildungsreferentin und Mitarbeiterin in der Trauerbegleitung, der Telefonseelsorge, der Notfallseelsorge und Spezialistin für suizidale Kriseninterventionen.
Ein besonderes Thema in der Seelsorge „Herzenswunde“ist für sie die Hilfe und Unterstützung nach einer Abtreibung. „Viele Betroffene berichten davon, dass sie sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte gefangen fühlen in Selbstvorwürfen, Suizidgedanken, Erinnerungsschleifen, Traurigkeit, Depressionen und Albträumen“, sagt Michaela Grimminger und weist auf die Möglichkeit der Versöhnung mit dem Kind, mit sich selbst und mit Gott durch die Vergebung hin. Auch Menschen in suizidalen Krisen, die nicht akut suizidgefährdet sind, finden immer wieder den Weg ins Kloster. Zusammen werden haltende Perspektiven und Ankerpunkte im jeweiligen Leben gefunden, denn sie weiß: „Wer ein Wozu im Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“
Hilfesuchende sind zu verschiedenen Angeboten im Kloster der Wallfahrtskirche Maria Hilf in Klosterlechfeld eingeladen. Die Kontaktaufnahme kann unter Wahrung der Privatsphäre und Anonymität telefonisch unter der Nummer 08232/9619-0 oder per E-Mail unter info@herzenswunde.de erfolgen. Es ist auch eine Homepage im Aufbau, welche unter www.herzenswunde.de erreichbar ist.
Erste Themenabende sind am Mittwoch, 3. Mai, „Sterben Tod und Trauer als Lebenserfahrung“; Mittwoch, 10. Mai, „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – Kinder in ihrer Trauer begleiten“; Mittwoch, 17. Mai, „Wenn der Tod plötzlich und unerwartet eintritt“jeweils von 19 bis 20.30 Uhr im Pfarrsaal im ehemaligen Franziskanerkloster Klosterlechfeld, Franziskanerplatz 6. Alle Themenabende sind kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.