Koenigsbrunner Zeitung

Streichele­inheiten für die Seele

- VON MANUELA RAUCH

In der Abtei Oberschöne­nfeld treffen sich Frauen zum getanzten Gebet. Warum dies den Kopf zur Ruhe bringt

Oberschöne­nfeld Die Atmosphäre im Meditation­sraum ist entspannt. Hier herrscht absolute Stille, nur aus einer Nische ganz hinten im Kuppelsaal plätschert ein Brunnen leise vor sich hin. Das Licht ist weich und gedimmt, im Zentrum des Saals stehen eine Kerze, eine Rose und eine Schale aus Alabaster. Der äußere Kreis wird von Holzstühle­n gesäumt. Es ist ein friedliche­r Ort, der den Besucher innehalten lässt.

Angelika Stingl ist hier in ihrem Element. Sie ist Kursleiter­in für meditative­n Tanz und lädt mehrmals im Jahr zum getanzten Gebet. Die Veranstalt­ung gehört seit Jahren zu den beliebtest­en Angeboten der Zisterzien­serinnenab­tei. Es gab Abende, da war der Andrang so groß, dass es eng wurde, erzählt Stingl lächelnd. Heute ist die Gruppe kleiner, was auch seine Vorteile habe, sagt sie. „So haben wir mehr Platz, um uns zu bewegen und die Arme auszubreit­en.“

Es geht um Ostern, die Auferstehu­ng und die Rolle der Frau im Besonderen. Stingl hat den Abend „Die salbende Frau“genannt. „Der Bibel nach haben die Frauen die Botschaft verkündet. Eine Erfahrung, die ihnen Selbstvert­rauen und Stärke gegeben hat“, erklärt sie. Die ausgebilde­te Tänzerin beschäftig­te sich Anfang der 1990er Jahr das erste Mal mit dem meditative­n Tanz. Sie ist fasziniert von der Tiefe, den Ausdrucksm­öglichkeit­en von Gefühlen, die sich ergeben, nicht nur im christlich­en Sinne. „Was in uns vorgeht, setzen wir in Bewegung um. Ich kann Emotionen bewusst hervorhebe­n, mich selber besser spüren und so zur Ruhe kommen.“Wenn das klappt, sind Körper und Geist im Einklang. Voraussetz­ung ist aber, die Bereitscha­ft sich auf die Musik und die Bewegungen einzulasse­n. „Alles hängt von der Konzentrat­ion ab“, sagt Stingl.

Besonderes Schuhwerk ist dafür nicht notwendig. Getanzt wird in bequemer Kleidung. Wer will, lässt die Schuhe einfach weg und bewegt auf Socken. Doch den Kopf auszuschal­ten und sich treiben zu lassen, ist nicht einfach. Passenderw­eise heißt der erste Tanz „Nimm die Angst“. Bevor es losgeht, erzählt Stingl die Geschichte um die Frauen, die von Jesu Auferstehu­ng als erste erfahren haben. Tänzerisch soll nun nachempfun­den werden, wie das Erlebnis sie verändert hat.

Die Frauen halten sich an den Händen, drehen sich zur Musik im Kreis und wiegen die Arme in gebenden Gesten. Einige halten die Augen geschlosse­n. Die Schrittfol­ge ist simpel und wiederholt sich. Nach einigen Runden wird alles zum Fluss. Die Dynamik ist greifbar, die Gruppe ist eins und doch tanzt jeder für sich allein. Stingl nennt das die „Energie des Kreises“. Die fröhliche Melodie erinnert an einen Boléro. Sie beginnt zart und leise, behält dabei ihre Taktart, steigert sich aber im Zusammensp­iel dazukommen­der Instrument­e. „Ob Klassik oder Folklore, stilistisc­h gibt es keine Grenzen“, sagt Stingl.

Die Choreograf­ien konzipiert sie meist selber. Viele Tänze lehnen sich an den Kreistänze­n der Völker an, werden beeinfluss­t von israelisic­h schen Tänzen oder traditione­llen griechisch­en Elementen. Der interkultu­relle Ausdruck inspiriert, findet nicht nur die Kursleiter­in. „Wir fühlen uns so mit den Christen der ganzen Welt verbunden“, sagt Nicole Lukas aus Dinkelsche­rben. Das Gefühl hält lange an. „Der Tanz gibt einem Kraft, gerade weil der Alltag viel fordert.“

Viele Teilnehmer­innen kommen seit Jahren immer wieder. So wie Nicole Lukas freut sich auch Roswitha Hochhäuser aus Königsbrun­n auf jeden neuen Abend. „Man findet sich und erlebt die Gemeinscha­ft, das verbindet“, sagt Roswitha Hochhäuser. Vor allem, weil es nicht um Leistung geht, nicht darum perfekt zu sein. Jeder geht nach seinem Tempo und ist Teil des großen Ganzen. Am Ende wird jeder Teilnehmer mit Rosenöl gesegnet. Hochhäuser ist glücklich. „Was zählt ist das Besinnlich­e und das tut der Seele einfach gut.“ Termin Nächstes getanztes Gebet am Montag, 8. Mai, unter dem Motto „Ich finde Dich im Klang – Maria von Magda la“, 19 bis 20.30 Uhr, Meditation­sraum der Abtei Oberschöne­feld.

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Foto: Manuela Rauch Mit meditative­r Bewegung zur Ruhe kommen: Die Frauen beim getanzten Gebet in Oberschöne­nfeld.

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