Zurück in die Zukunft
Dominik Kohr wird im Sommer Augsburg nach dreieinhalb Jahren verlassen und zu Bayer Leverkusen zurückkehren. Warum der FCA den Transfer nicht verhindern konnte
Über seinen neuen Arbeitgeber will Dominik Kohr am liebsten noch gar nicht sprechen. Der Mittelfeldspieler wird den FC Augsburg verlassen und ab der kommenden Saison bei Bayer Leverkusen spielen. Der Werksklub hatte eine Rückkaufoption gezogen. Für zwei Millionen Euro holt Bayer Kohr zurück an den Rhein.
„Mich freut es, aber der Fokus liegt zurzeit nur beim FC Augsburg“, sagt Kohr. Der 23-Jährige spielt in der kommenden Saison auf jeden Fall weiter in der Bundesliga. In den kommenden Wochen will er dafür sorgen, dass es da zu einem Wiedersehen kommt: „Ich werde alles geben, damit wir hier mit dem FCA möglichst frühzeitig den Klassenerhalt schaffen.“
Das Auswärtsspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag (15.30 Uhr) wird er aber zu Hause vor dem Fernseher verfolgen, nachdem er beim 2:1-Sieg gegen den 1. FC Köln kurz nach seiner Einwechselung seine zehnte Gelbe Karte in dieser Saison gesehen hatte. „Die Karte wäre sowieso irgendwann gekommen. Die Jungs werden es auch ohne mich schaffen, und ich werde dann ausgeruht und topfit in den Saisonendspurt gehen“, sagt Kohr.
Dass es bereits Kohrs dritte Sperre (gegen Gladbach sah er im Dezember Gelb-Rot) ist, verwundert nicht. Er gilt als Abräumer, Mann fürs Grobe im defensiven Mittelfeld. Keiner für die filigranen Pässe, aber wichtig für das Gesamtgefüge.
Als der FCA Kohr im Januar 2014 von Leverkusen für eineinhalb Jahre auslieh, war dies noch nicht abzusehen. Kohr galt als talentiert, aber Bayer war sich nicht sicher, ob er die Bundesliga-Reife erreichen würde. Doch Kohr zeigte sich lernwillig, biss sich beim FCA durch, wurde zur idealen Ergänzung zu Mittelfeldstratege Daniel Baier.
In Leverkusen registrierte man die Entwicklung genau. Als Manager Stefan Reuter im Sommer 2015 Kohr fest verpflichtete, war der Spielraum gering. Ohne Rückkaufoption hätte der Transfer den FCA geschätzt zwischen vier und sechs Millionen Euro gekostet, mit Rückkaufoption nur 1,4 Millionen Euro. FCA-Manager Stefan Reuter will die Zahlen nicht kommentieren, be- stätigt aber den Sachverhalt. „Ein Transfer ohne Option war für uns damals nicht finanzierbar.“
Nun griff Bayer zu, Ende März wäre die Option verfallen. Bayer einigte sich mit Kohr („Ja natürlich hatte ich ein Mitspracherecht“) über einen Vertrag bis 2020. Reuter hatte gehofft, dass Kohr vielleicht bleiben würde. Doch die Perspektiven in Leverkusen sind für den 23-Jährigen, der aus Trier stammt, zu verlockend. In Augsburg hat er seinen Gesellenbrief gemacht, jetzt steht er vor der Meisterprüfung.
Er kommt aus der Bayer-Jugend, kennt die Strukturen und Machtverhältnisse. Die sportlichen Perspektiven sind nicht so schlecht, auch wenn noch nicht feststeht, wer kommende Saison in Leverkusen Trainer ist. Der Vertrag von Tayfun Korkut, der Roger Schmidt ablöste, läuft am Saisonende aus. Die Rückkehr von Mittelfeldspieler Lars Bender (Sprunggelenksverletzung) ist offen. Sollte Bayer in die Euro League einziehen, braucht Leverkusen einen großen Kader. Gibt es keine internationalen Spiele, wird sich der eine oder andere Mittelfeldstar wohl aus Leverkusen verabschieden.
Auch für Bayer ist das Risiko gering. Kohr sei kein Königstransfer, aber für zwei Millionen Euro mache man nichts falsch, war zu hören. Mit 23 hat Kohr noch Entwicklungspotenzial, und er arbeitet hart an sich. Das gefällt den Entscheidern unter dem Bayer-Kreuz.
Als sein Wechsel nach dem Absturz auf Platz 16 öffentlich wurde, hatte Kohr schon Bedenken, wie die FCA-Fans reagieren würden. Doch Samstagnachmittag waren die zerstreut. „Als ich eingewechselt wurde, haben sie mich unterstützt. Ich bedanke mich bei den Fans, indem ich Leistung auf dem Platz zeige.“
Die war nicht immer gut, aber Kohr schonte sich nie und auch nicht den Gegner. Das kommt bei den Fans an. Die Beziehung war nie die große Liebe, sie war aber immer von Respekt geprägt. Auch weil er nach einer tiefen Fleischwunde, die er sich im September im Spiel gegen Mainz zugezogen hatte, schon nach drei Wochen wieder spielte. Kohr wird von den FCA-Fans nicht geliebt, aber respektiert.
Kohr hat dem FCA seinen Aufstieg zu einem gefragten Bundesligaspieler zu verdanken, deshalb will er sich mit dem Klassenerhalt verabschieden. Er ist sich „sehr“sicher, weil er von der Qualität der Mannschaft überzeugt sei: „Es sagt alles, wie wir uns im letzten Spiel präsentiert haben, wie wir auch von der Bank die Jungs auf dem Platz angefeuert haben. Das war wieder die Mentalität des FC Augsburg, und das wird uns in den letzten Spielen auch weiterhelfen.“