Königsbrunner sehen Augsburg mit Ranzmayrs Augen
Kabarettist Silvano Tuiach führt die Gäste des Kulturvereins zu den verborgenen Schönheiten der Metropole
Augsburg Silvano Tuiach alias Walter Ranzmayr ist einer der wohl bekanntesten Augsburger Kabarettisten. Seine Anekdoten sind stets lustig anzuhören, denn sie zeigen ein Bild von typischen augsburgerischen Klischees, die sich alle in Ranzmayrs Familien- und Freundeskreis aus dem Hochfeld widerspiegeln. Ein Sahnestück dieser Geschichten im Augsburger Schwäbisch bietet Tuiach regelmäßig in einer Stadtrundfahrt an. Am vergangenen Samstag organisierte die Künstlerin und stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Kultur lebt in Königsbrunn“, Petra Rost, eine solche Rundfahrt.
So startete ein moderner Stadtbus mit etwas mehr als 40 meist Königsbrunner Passagieren und Walter Ranzmayr an Bord seine Fahrt in Haunstetten und chauffierte seine Gäste zu den „weniger bekannten Sehenswürdigkeiten“von Augsburg. Das Hauptaugenmerk legte Tuiach bei der Führung auf die Stadtteile Kriegshaber, den Bärenkeller und Oberhausen. Die Bewohner dieser drei Viertel wurden in typischer Ranzmayr-Manier mit überspitzen Klischees bedeckt.
So stoppte der Busfahrer Erwin Hartl, der die Fahrten seit 2004 begleitet, zuerst an einem kleinen Häuschen in Kriegshaber. „Das wäre ein typisches ’Stumpenhaus’“, erklärte Tuiach, „die Decke ist höchstens 1,60 Meter hoch.“Das kleine Haus sei das ehemalige Rathaus von Kriegshaber. Außerdem dichtete er scherzhaft über den Einmarsch amerikanischer Truppen kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs: „In Kriegshaber hocken d’ Weiber auf die Stoiner, und warten auf die Amis wie d’ Hund’ auf d’ Boiner.“
Das nächste Mal stoppte der Bus im Bärenkeller, laut Ranzmayr einem tristen Viertel mit „Seufzerbrücke“, auf der die Bärenkellerer angeblich lehnen und seufzen, „nicht in Neusäß drüben zu sein“. Der letzte Halt brachte Ranzmayr und auch einige Passagiere zurück in ihre Kindheit: In der Nähe der Wertachbrücke in Oberhausen spazierte Tuiach in Richtung Hettenbach und erzählte aus seiner Kindheit. Er sprach von der Kapellenschule und diversen Geschäften, Schänken und Kinos, die einst in Oberhausen ansässig waren, bevor es zu Augsburgs heißestem sozialen Brennpunkt wurde. Tuiach schwelgt gerne mit seinen Gästen in Nostalgie. Diese wird er bald auch in einer Serie in der Augsburger Allgemeinen verarbeiten. In „Woisch no“möchte er von der Kindheit in den 50er und 60er Jahren, verloren gegangenen Wörtern, früherer Schulzeit und vielem Weiteren erzählen. Tuiachs Stadtführung ist sehr orginell, sie verknüpft Spaß und Nostalgie so miteinander, dass jeder Mitreisende, egal ob jung oder alt, einmal an Früher denken muss. Er lässt das Früher, dass bei manchem schon in den grauen Schläfen sitzt, zurück in die Brust laufen und zeigt, wie bedrückend, aber auch erheiternd Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit sein können. Es gibt dabei nur einen Haken: Auch die heutige Zeit vergeht jeden Tag ein Stück weit und könnte bald in Nostalgie verschwimmen.