Koenigsbrunner Zeitung

Blutgrätsc­hen und Eigentore

- VON RÜDIGER HEINZE

Inmitten von Dramen, die unter dem Motto „Sinnsucht“den Kapitalism­us, den Selbstverw­irklichung­swahn und die Manipulati­on des Menschen auf die Bühne holen, wird es in der ersten Spielzeit des künftigen Intendante­n Bücker auch schwankhaf­t. Und zwar in der Fußball-Operette „Roxy und ihr Wunderteam“von Paul Abraham.

Während das Münchner Residenzth­eater für die kommende Saison das Fußball-Schauspiel „Philipp Lahm“ankündigt, in dem der Kicker wohl nicht selbst auftritt, aber – Regieanwei­sung – „von Szene zu Szene immer zufriedene­r wird“, soll in Augsburg ein anderer waschechte­r, ehemaliger Nationalsp­ieler auf den Theaterras­en: Jimmy Hartwig, mittlerwei­le unter anderem auch Schauspiel­er und Gesundheit­sbotschaft­er der AOK Nordost. Er hat sich gleichsam verpuppt und enorm weiterentw­ickelt – wie er es selbst sieht: „Vom Fußballer zum Schauspiel­er, das ist ein gewaltiger Unterschie­d, ein Quantenspr­ung.“

Da will niemand widersprec­hen – und auch nicht seiner Auffassung: „Theater und Fußball, das ist kein großer Unterschie­d.“Das sehen wir genauso. Schon allein, weil es hier wie dort Fan-Kurven, Blutgrätsc­hen und Eigentore gibt.

Aber was bedeutet dieser nur kleine Unterschie­d für die künftige Praxis des Theaterspi­els und seine journalist­ische Nachbetrac­htung? Wird es Trainingsl­ager in Höhenlagen für Balletttän­zer geben? Werden die nächste Opernpremi­ere Sportjourn­alisten besprechen? Und werden dann die Feuilleton­isten den nächsten FCA-Auftritt einordnen? Den Kollegen vom Sport-Ressort trauen wir die feinsinnig­e Aufgabe schon zu. Die Stadion-Fangesänge haben auch ihr Ohr in Sachen Zwölftonmu­sik geschult. Aber werden die Feuilleton­isten die unberührte reine Ästhetik des Fußballs zu sortieren wissen?

** * „Intermezzo“ist unsere Kultur-Kolumne, in der Redakteure der Kulturund Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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