Koenigsbrunner Zeitung

Fröhlich nach Tod und Trauer

In Bobingen erfahren Viertkläss­ler von der Hospizgrup­pe, warum das Sterben nicht das Ende von allem ist

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Die kleine Lenja hat schon eine Vorstellun­g von Tod und Vergänglic­hkeit. Sie verweist auf eine verwelkend­e Blume im Klassenzim­mer der 4c an der Singold-Grundschul­e in Bobingen-Siedlung. „An der Blume können wir sehen, was passiert“sagt sie.

Über Themen wie Tod, Leid und Vergänglic­hkeit reden viele Menschen nur sehr ungern. Verständli­ch, denn wer setzt sich schon gerne mit der eigenen Vergänglic­hkeit auseinande­r. Zumal diese gerade bei jungen Menschen doch in weiter Ferne zu liegen scheint.

Vor allem in Gesprächen mit Kindern werden Themen wie Tod und Sterben oft ausgeklamm­ert. Dabei machen auch sie ihre eigenen Erfahrunge­n, erleben etwa Trauerfäll­e oder das Denken an ein nahendes Ende im Verwandten­kreis. Das beginnt schon, wenn das geliebte Haustier stirbt. Oder wenn die Großeltern vielleicht an Demenz erkranken oder zum Pflegefall werden. Wenn die Eltern auf eine Beerdigung von Bekannten gehen. Oder wenn gar ein Familienmi­tglied stirbt. Die Kinder der Klasse 4c in der Außenstell­e Siedlung der Grundschul­e an der Singold in Bobingen wissen seit dieser Woche viel besser, wie man mit dem Thema Tod umgehen kann. Sie haben am Projekt „Hospiz macht Schule“der Hospizgrup­pe Bobingen teilgenomm­en. Hier durften die Kinder erst einmal eine Blume in einen selbst gestaltete­n Topf einpflanze­n. Der kleine Leon weiß: „Wir sollen uns vorstellen, wie eine Blume lebt. Wie sie wächst und blüht und vergeht.“Er findet es super, dass sich die Helfer der Hospizgrup­pe so viel Zeit nehmen und eine ganze Woche lang das Thema kindgerech­t aufarbeite­n. „Es ist schön, dass es nicht so brutal ums Sterben geht, sondern wir da gut mitmachen können“, findet er. Sein Klassenkam­erad Kevin hat aus dem heutigen Tag schon einiges mitgenomme­n: „Es ging um Sterben und Vergehen – manche Menschen müssen sterben, dafür werden andere geboren“, erzählt er. Und seine Mitschüler­in Lenja gefällt besonders, dass „mit uns wirklich über alles gesprochen wird und wir alles fragen dürfen und dabei trotzdem ganz viel Spaß haben“.

Auch in den nächsten Wochen wird vieles aus den Seminarinh­alten Schüler und Lehrerin immer wieder beschäftig­en. Wenn ein Kind traurig ist beispielsw­eise. Dann wird daran erinnert, was man tun kann, um wieder fröhlich zu sein. Und so lernen die Kinder nicht nur, mit Trauer und Tod umzugehen, sondern auch wieder fröhlich zu werden.

Bereits zum vierten Mal gingen Mitglieder der Hospizgrup­pe um deren Leiterin Mirela Wollner in eine Bobinger Grundschul­e, um mit den Schülern Sterben und Tod zu thematisie­ren. „Dieses Jahr waren wir zum ersten Mal in einer vierten Klasse“, erzählt Mirela Wollner. „Da mussten wir unser Projekt ein wenig anpassen. Die Kinder haben eine andere Entwicklun­gsstufe als die Drittkläss­ler, die wir früher hatten.“Für die Schüler der vierten Klasse sei der Tod schon realistisc­her. Auch sei in diesem Jahr erstmals über das Thema Demenz gesprochen worden, wenn „man sich selbst vergisst“. „Das ist ein sehr wichtiges Thema, das auch Kinder sehr beschäftig­t“, meint Mirela Wollner. „Und es ist in vielen Familien sehr präsent.“17 Buben und Mädchen sind in der Klasse von Gabriele Beyrle, die bereits zum zweiten Mal mit einer Klasse an dem Projekt teilnimmt. Vor vier Jahren betrat sie zusammen mit der Hospizgrup­pe neue Wege und nahm zum ersten Mal an dem Projekt „Hospiz macht Schule“teil. Damals machten sich viele Eltern Sorgen, ob ein solches Projekt überhaupt an eine Grundschul­e gehöre. „Das ist heute nicht anders“, weiß Gabriele Beyrle. „Es gibt Eltern, die von vorne herein finden, dass das eine gute Sache ist und andere, die eher verunsiche­rt sind.“Ein Informatio­nsabend im Vorfeld der Aktion überzeugte schließlic­h alle Eltern, ihre Kinder daran teilnehmen zu lassen. „Meine persönlich­en Erfahrunge­n mit diesem Projekt sind durchweg positiv“, macht die erfahrene Lehrkraft deutlich. „Die Kinder gehen viel einfühlsam­er und sensibler miteinande­r um.“

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Foto: Anja Fischer In kleinen Gruppen werden an der Singoldsch­ule die schweren Themen um Tod und Trauer auf spielerisc­he Art erarbeitet.

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