Wie Ameisen die Landwirtschaft erfanden
Vor etwa 60 Millionen Jahren wurde die Landwirtschaft erfunden – von Ameisen in den Regenwäldern Südamerikas. Sie begannen, in ihren Bauten Pilze zu züchten, um sich davon zu ernähren. Dabei nahmen die Insekten auch Einfluss auf die Evolution der Pilze, sodass einige von ihnen schließlich nicht mehr ohne ihre Ameisen-Gärtner überleben konnten. Dieser Übergang fand vor etwa 30 Millionen Jahren in trockenen Regionen statt, berichten US-Forscher. Der Prozess sei ähnlich verlaufen wie die Domestizierung von Pflanzen und Tieren durch den Menschen, die in den vergangenen 10000 Jahren erfolgte.
Es gibt zahlreiche Ameisenarten, die Pilze züchten, etwa die südamerikanischen Blattschneiderameisen: Sie transportieren Blätter in ihre Bauten, zerkauen sie und lassen auf diesem Substrat Pilze wachsen. Die Ameisen fressen die Pilze und sorgen dafür, dass die Pilze nicht von Schädlingen befallen werden. Beide Arten bilden eine enge Symbiose, ohne einander könnten sie nicht existieren. Die Ursprünge dieser Abhängigkeit liegen viele Millionen Jahre zurück. Um die Evolution der Symbiose genauer zu untersuchen, analysierten die Forscher um Michael Branstetter von der University of Utah in Salt Lake City bestimmte Bereiche des Erbguts von 119 Ameisenarten – darunter Pilzgärtner und solche, die keine Pilzgärten anlegten. Sie erstellten einen Stammbaum der Ameisenarten, den sie mit Angaben zur Lebensweise und zu den Lebensräumen, in denen sie zu finden sind, verknüpften. So ermittelten sie, wann und unter welchen Bedingungen die hochspezialisierten Ameisengärtner entstanden.
Die Untersuchung zeigte: Erste Ameisen in Südamerika begannen vor etwa 60 Millionen Jahren, Pilze zu züchten. Vor etwa 30 Millionen Jahren, als das Klima der Erde kühler und trockener wurde, entstand die weiter entwickelte Form dieser Landwirtschaft: Die feuchtigkeitsliebenden Pilze konnten ohne Hilfe ihrer Ameisen nicht mehr überleben. Diese sorgten für die nötige Feuchtigkeit in den Gärten: „Wenn es ein wenig zu trocken wird, laufen die Ameisen los und holen Wasser“, erläutert Studienleiter Ted Schultz. „Ist es zu feucht, machen sie das Gegenteil.“Ameisen, die von den feuchten Regenwäldern in teils trockenere Landschaften umsiedelten, nahmen ihre Pilze mit, entfernten sie so von ihren bevorzugten Lebensräumen – und machten die Pilze so abhängig. Und sich selbst zu Gärtnern. Anja Garms, dpa