Haare färben – oder nicht?
Rachel Cusk und das Grau des Lebens
Eine Frau sitzt beim Friseur, ihre Haare werden langsam grau, der Friseur aber rät vom Färben ab. „Wir sprechen hier über ihre natürliche Autorität“, sagt der Friseur und fügt an: „Wissen Sie, niemand wird drauf reinfallen. Sie vermitteln den Leuten höchstens, dass Sie etwas zu verbergen haben.“Die Frau entscheidet sich dennoch für Farbe. Weil es vielleicht doch besser sei, öffentlich zu verbergen, als öffentlich zu präsentieren, was man eigentlich verbergen wolle. Geschrieben wurde diese Geschichte von Rachel Cusk, die in ihrem Buch „Aftermath“radikal über das Scheitern ihrer Ehe berichtete, und die, weil sie öffentlich präsentierte, was gerne verborgen wird, es zum zweifelhaften Ruhm „der meistgehassten Schriftstellerin Großbritanniens“brachte. „Transit“ist nun der zweite Roman einer Trilogie mit der aus „Outline“bekannten Erzählerin Faye. Schriftstellerin, geschieden, versucht Faye, zurück in London, ein baufälliges Haus zum Heim zu machen und einen neuen Alltag zu leben. Sie sammelt als Zuhörerin, manchmal auch als Beteiligte Geschichten … beim Friseur, an der Baustelle oder auf der Straße, wo sie den Exfreund trifft, der sinniert, wie verrückt es doch sei: Sie ändere immer alles, er nichts, aber nun seien sie doch beide wieder hier in diesem Viertel. Lebensgeschichten bizarr, traurig, schön – erzählt gleichermaßen mit Lässigkeit, Klugheit und Humor. Geschichten, in denen Cusk unter all der bunten Farbe das unbestimmbare Grau des Lebens aufdeckt.