Eine Frau, die „d’Leut ärgern“wollte
Armin Strohmeyr berichtet im Königsbrunner Gymnasium über das Leben von Schriftstellerin Annette Kolb. Für ihn ist es eine Rückkehr an seine alte Schule mit Erinnerungen
Königsbrunn Eine besondere Rückkehr hat es am Königsbrunner Gymnasium gegeben: Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens hatte das Gymnasium Königsbrunn in Kooperation mit dem Kulturbüro den Schriftsteller und Dichter Armin Strohmeyr aus Berlin zu einem Vortrag eingeladen. Der Kulturpreisträger der Stadt war selbst einmal Schüler des Gymnasiums und hält diesem auch die Treue.
Bereits mehrfach kam er zu Lesungen hierher. Vor etwa zehn Jahren hielt er einmal einen zweitägigen Lyrik-Workshop mit Oberschülern, an den er sich sehr gern erinnert: „Auch wenn es durchaus anstrengend war, ich war begeistert von der Kreativität der jungen Menschen“, sagte er. Ebenfalls lebendig in Erinnerung sei ihm das Frauenfrühstück zum Weltfrauentag vor Jahren, bei dem er Porträts mutiger und außergewöhnlicher Frauen vorstellte. Für solche scheint Strohmeyr eine besondere Antenne zu haben, sind sie doch vielfach, doch keineswegs immer, das Sujet seiner Bücher.
Auch im Gymnasium stellte er das Leben einer wahrhaft mutigen und starken Frau vor: Annette Kolb. Als „Dichterin zwischen den Völkern“bezeichnete Strohmeyr sie in seinem vor Jahren erschienenen Werk, ihr Todestag jährt sich im Dezember zum 50. Mal. „Dies passt doch herrlich zusammen mit den Tatsachen, dass Königsbrunn 50 Jahre Stadtrecht, mein früheres Gymnasium 50 Jahre Gründung und ich selbst meinen 50. Geburtstag in diesem Jahr feiern können“, leitete der Schriftsteller seinen Vortrag ein.
Was folgte, war ein lebendiger, unterhaltsamer und informativer Vortrag über die deutsch-französische Schriftstellerin Annette Kolb, zeitlebens Pazifistin und schon damals Europäerin im Geist und Herzen, die sich selbst als „Tochter zweier Vaterländer“bezeichnete. Kolb wurde 1870 im Kriegsjahr der Erbfeinde Frankreich und Deutschland geboren und überlebte beide Weltkriege aufgrund ihrer zeitle- bens aufrechten pazifistischen Haltung nur, indem sie ins Ausland floh.
In München in gutbürgerlichen Verhältnissen groß geworden – die Mutter französische Pianistin, der deutsche Vater königlicher Gartenbauarchitekt –, geprägt vom Geist des im Elternhaus geführten „französischen Salons“, versuchte sie schon in jungen Jahren Brücken zu schlagen zwischen den Nationen. „Militarismus ist die Geburtsstätte der Feigheit“, das betonte sie immer wieder. Annette Kolb lernte führende Sozialdemokraten wie Kurt Eisner kennen, war Gründerin einer pazifistischen Zeitung, eine starke Freundschaft verband sie mit dem bekannten deutsch-französischen Schriftsteller und Pazifisten René Schickele, und sie mischte sich bis ins hohe Alter ein.
„D’ Leut ärgern“war ihr Motto, nicht aus Bosheit, wie Strohmeyr es im Vortrag betonte, sondern rein aus dem heraus, sich nicht etwas vorschreiben zu lassen. Die Zuhörer verfolgten gespannt seinen etwa einstündigen Ausführungen. Kurzweilig, mit Geschichten und Anekdoten gespickt, erschienen diese gerade auf dem Hintergrund heutiger politischer Verhältnisse und Wahlen geradezu hochaktuell und regten zum Nachdenken an. Anhaltender Applaus und einige Fragen unterstrichen dies, einige Zuhörer freuten sich anschließend über eine persönliche Signatur in Strohmeyrs Büchern.