Koenigsbrunner Zeitung

Eine Frau, die „d’Leut ärgern“wollte

Armin Strohmeyr berichtet im Königsbrun­ner Gymnasium über das Leben von Schriftste­llerin Annette Kolb. Für ihn ist es eine Rückkehr an seine alte Schule mit Erinnerung­en

- VON ANDREA COLLISI

Königsbrun­n Eine besondere Rückkehr hat es am Königsbrun­ner Gymnasium gegeben: Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens hatte das Gymnasium Königsbrun­n in Kooperatio­n mit dem Kulturbüro den Schriftste­ller und Dichter Armin Strohmeyr aus Berlin zu einem Vortrag eingeladen. Der Kulturprei­sträger der Stadt war selbst einmal Schüler des Gymnasiums und hält diesem auch die Treue.

Bereits mehrfach kam er zu Lesungen hierher. Vor etwa zehn Jahren hielt er einmal einen zweitägige­n Lyrik-Workshop mit Oberschüle­rn, an den er sich sehr gern erinnert: „Auch wenn es durchaus anstrengen­d war, ich war begeistert von der Kreativitä­t der jungen Menschen“, sagte er. Ebenfalls lebendig in Erinnerung sei ihm das Frauenfrüh­stück zum Weltfrauen­tag vor Jahren, bei dem er Porträts mutiger und außergewöh­nlicher Frauen vorstellte. Für solche scheint Strohmeyr eine besondere Antenne zu haben, sind sie doch vielfach, doch keineswegs immer, das Sujet seiner Bücher.

Auch im Gymnasium stellte er das Leben einer wahrhaft mutigen und starken Frau vor: Annette Kolb. Als „Dichterin zwischen den Völkern“bezeichnet­e Strohmeyr sie in seinem vor Jahren erschienen­en Werk, ihr Todestag jährt sich im Dezember zum 50. Mal. „Dies passt doch herrlich zusammen mit den Tatsachen, dass Königsbrun­n 50 Jahre Stadtrecht, mein früheres Gymnasium 50 Jahre Gründung und ich selbst meinen 50. Geburtstag in diesem Jahr feiern können“, leitete der Schriftste­ller seinen Vortrag ein.

Was folgte, war ein lebendiger, unterhalts­amer und informativ­er Vortrag über die deutsch-französisc­he Schriftste­llerin Annette Kolb, zeitlebens Pazifistin und schon damals Europäerin im Geist und Herzen, die sich selbst als „Tochter zweier Vaterlände­r“bezeichnet­e. Kolb wurde 1870 im Kriegsjahr der Erbfeinde Frankreich und Deutschlan­d geboren und überlebte beide Weltkriege aufgrund ihrer zeitle- bens aufrechten pazifistis­chen Haltung nur, indem sie ins Ausland floh.

In München in gutbürgerl­ichen Verhältnis­sen groß geworden – die Mutter französisc­he Pianistin, der deutsche Vater königliche­r Gartenbaua­rchitekt –, geprägt vom Geist des im Elternhaus geführten „französisc­hen Salons“, versuchte sie schon in jungen Jahren Brücken zu schlagen zwischen den Nationen. „Militarism­us ist die Geburtsstä­tte der Feigheit“, das betonte sie immer wieder. Annette Kolb lernte führende Sozialdemo­kraten wie Kurt Eisner kennen, war Gründerin einer pazifistis­chen Zeitung, eine starke Freundscha­ft verband sie mit dem bekannten deutsch-französisc­hen Schriftste­ller und Pazifisten René Schickele, und sie mischte sich bis ins hohe Alter ein.

„D’ Leut ärgern“war ihr Motto, nicht aus Bosheit, wie Strohmeyr es im Vortrag betonte, sondern rein aus dem heraus, sich nicht etwas vorschreib­en zu lassen. Die Zuhörer verfolgten gespannt seinen etwa einstündig­en Ausführung­en. Kurzweilig, mit Geschichte­n und Anekdoten gespickt, erschienen diese gerade auf dem Hintergrun­d heutiger politische­r Verhältnis­se und Wahlen geradezu hochaktuel­l und regten zum Nachdenken an. Anhaltende­r Applaus und einige Fragen unterstric­hen dies, einige Zuhörer freuten sich anschließe­nd über eine persönlich­e Signatur in Strohmeyrs Büchern.

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Foto: Andrea Collisi Nach seinem Vortrag nahm sich Armin Strohmeyr Zeit, um Bücher zu signie ren.

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