Werden Patienten wirklich aggressiver?
Ärztesprecher klagen über Phänomen in Deutschland. Wie es vor Ort aussieht
Schwabmünchen/Bobingen Eine Meldung in den Radionachrichten vergangener Tage ließ aufhorchen. Ärztesprecher beklagen sich über zunehmende Aggressionen von Patienten, die vor Beleidigungen und sogar tätlichen Angriffen gegen Ärzte und Pflegepersonal nicht zurückschrecken. Das würde im Laufe der Berufsbahn 91 Prozent der Mediziner treffen. Schon im November 2016 berichtete die Frankfurter Neue Presse unter dem Titel „Pöbeln bis der Arzt kommt“über Missstände in den Notaufnahmen hessischer Kliniken. Ist das nur ein Phänomen in Großstädten oder ein Teil allgemein zunehmender Respektlosigkeit, die ja auch von Rettungsdiensten und Polizei registriert wird?
Niedergelassene Ärzte sehen das nicht ganz so dramatisch wie es klingt und sprechen eher von Einzelfällen. Auch die Wertachkliniken Schwabmünchen und Bobingen relativieren das Bild. Jedoch seien Angriffe durch Patienten immer wieder ein Thema, sagt Doris Niedermayr, Bereichsleiterin für die Pflege und die Notaufnahme im Bobinger Krankenhaus: „Es kommt nicht häufig vor, aber es gibt Ausrutscher von Patienten, meist unter Alkoholoder Drogeneinfluss.“Ihr ist ein Fall in Erinnerung, bei dem ein alkoholisierter Patient in der Notaufnahme um sich schlug und einige medizinische Geräte beschädigte. Körperliche Attacken gegen Krankenpfleger oder Ärzte sind aber nicht bekannt. Man könne aber keineswegs von einer signifikanten Zunahme von Renitenz unter den Patienten sprechen. Das bestätigt auch ihre Schwabmünchner Kollegin Cornelia Kowalczuk. „Aggressionen kommen aufgrund des Krankheitsbildes schon vor, zum Beispiel bei akuten Schmerzen oder bei Demenz“, zählt sie neben Alkohol und Drogen weitere Ursachen auf. Das Personal in der Schwabmünchner Klinik sei aber gut geschult und könne damit umgehen. Die für das Qualitätsmanagement der Wertachklinik zuständige Dr. Henriette Burmann sieht die neuralgischen Punkte ebenfalls in der Notaufnahme. Sonst habe sie eher mit Beschwerden von Patienten über Ärzte und Pfleger zu tun. Das sei aber etwas anderes. Berechtigte Anliegen trügen ja auch zur Qualitätssteigerung bei. Gesamtgesellschaftlich ändere sich die Einstellung zu Ärzten schon, was sich auch in der Zunahme von Beschwerden ausdrückt. Für das Personal der Wertachklinik sieht Dr. Burmann aber keinen Anlass zur Sorge.