Koenigsbrunner Zeitung

Von Leichen, Organen und Gewebeprob­en

Worin sich die Pathologie in der Klinik vom TV-Krimi unterschei­det und wie wichtig sie für Patienten ist

- VON ANDREAS ALT

Stadtberge­n Die Stahlschub­lade in dem eiskalten Raum springt auf; die Leiche kommt zum Vorschein. Der Pathologe beugt sich darüber, um herauszufi­nden, was die Todesursac­he oder die Tatzeit war und welche verborgene­n Spuren der Mörder hinterlass­en haben könnte. So kennt das aus Fernsehkri­mis auch die Oberärztin am Institut für Pathologie, Tina Schaller. Mit ihrer Arbeit hat das aber nur wenig zu tun, wie sie in der ärztlichen Vortragsre­ihe im Bürgersaal darlegen wird. „Was man da sieht, ist die Rechtsmedi­zin“, sagt sie. „Das ist ein anderer Beruf als meiner.“Schaller hat schon auch hin und wieder mit Leichen zu tun. Das sind Menschen, die im Krankenhau­s aus unklarem, aber natürliche­m Grund gestorben sind. Ihre Hauptaufga­be aber ist die Untersuchu­ng von Gewebeprob­en von lebenden Patienten. Das reicht vom kleinen Muttermal bis zum entfernten Krebsgesch­wulst. Dabei kann es um sehr unterschie­dliche Fragen gehen: Ist eine Wucherung gutartig oder bösartig? Wenn Krebs vorliegt: wie fortgeschr­itten ist er? Was für eine Genmutatio­n liegt dem Tumor gegebenenf­alls zugrunde? Damit liefert Schaller den Ärzten in anderen Kliniken entscheide­nde Hinweise für die Therapie, die sie wählen: Bestrahlun­g oder Chemothera­pie? Kann der Krebs noch operativ entfernt werden oder hat er bereits im Körper gestreut? Kommt eine personalis­ierte Tumorthera­pie infrage? Durch ihre Gewebeanal­ysen weiß der Kollege, was zu tun ist.

Schaller untersucht große Mengen von Proben, oft unter hohem Zeitdruck. Ihr wichtigste­s Arbeitsger­ät ist das Mikroskop. Darunter betrachtet sie sehr kleine „Resektate“, wie das im Fachjargon heißt. Sie kann es aber auch mit ganzen Lungenflüg­eln, einer abgenommen­en Brust oder einem großen Abschnitt des Dickdarms zu tun haben, der in einer Operation entnommen wurde. Wie sie bei der Analyse vorgeht, wird sie in ihrem Vortrag näher erläutern.

Mit Patienten, denen Organe entnommen wurden, hat sie nur selten Kontakt. Aber es kommt vor. „Manche wollen mit mir über den Befund reden“, sagt sie, und das ist durchaus möglich. Eine weitere Gesprächsm­öglichkeit eröffnet sich jetzt den Besuchern des Vortrags.

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