Von Leichen, Organen und Gewebeproben
Worin sich die Pathologie in der Klinik vom TV-Krimi unterscheidet und wie wichtig sie für Patienten ist
Stadtbergen Die Stahlschublade in dem eiskalten Raum springt auf; die Leiche kommt zum Vorschein. Der Pathologe beugt sich darüber, um herauszufinden, was die Todesursache oder die Tatzeit war und welche verborgenen Spuren der Mörder hinterlassen haben könnte. So kennt das aus Fernsehkrimis auch die Oberärztin am Institut für Pathologie, Tina Schaller. Mit ihrer Arbeit hat das aber nur wenig zu tun, wie sie in der ärztlichen Vortragsreihe im Bürgersaal darlegen wird. „Was man da sieht, ist die Rechtsmedizin“, sagt sie. „Das ist ein anderer Beruf als meiner.“Schaller hat schon auch hin und wieder mit Leichen zu tun. Das sind Menschen, die im Krankenhaus aus unklarem, aber natürlichem Grund gestorben sind. Ihre Hauptaufgabe aber ist die Untersuchung von Gewebeproben von lebenden Patienten. Das reicht vom kleinen Muttermal bis zum entfernten Krebsgeschwulst. Dabei kann es um sehr unterschiedliche Fragen gehen: Ist eine Wucherung gutartig oder bösartig? Wenn Krebs vorliegt: wie fortgeschritten ist er? Was für eine Genmutation liegt dem Tumor gegebenenfalls zugrunde? Damit liefert Schaller den Ärzten in anderen Kliniken entscheidende Hinweise für die Therapie, die sie wählen: Bestrahlung oder Chemotherapie? Kann der Krebs noch operativ entfernt werden oder hat er bereits im Körper gestreut? Kommt eine personalisierte Tumortherapie infrage? Durch ihre Gewebeanalysen weiß der Kollege, was zu tun ist.
Schaller untersucht große Mengen von Proben, oft unter hohem Zeitdruck. Ihr wichtigstes Arbeitsgerät ist das Mikroskop. Darunter betrachtet sie sehr kleine „Resektate“, wie das im Fachjargon heißt. Sie kann es aber auch mit ganzen Lungenflügeln, einer abgenommenen Brust oder einem großen Abschnitt des Dickdarms zu tun haben, der in einer Operation entnommen wurde. Wie sie bei der Analyse vorgeht, wird sie in ihrem Vortrag näher erläutern.
Mit Patienten, denen Organe entnommen wurden, hat sie nur selten Kontakt. Aber es kommt vor. „Manche wollen mit mir über den Befund reden“, sagt sie, und das ist durchaus möglich. Eine weitere Gesprächsmöglichkeit eröffnet sich jetzt den Besuchern des Vortrags.