Koenigsbrunner Zeitung

Freund und Retter auf vier Pfoten

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Ein Mittelneuf­nacher hat nach der Suche nach einem vermissten Kind in den Stauden eine Rettungshu­ndestaffel gegründet. Sie will künftig Menschen in der ganzen Region Augsburg helfen

Mittelneuf­nach Rettungshu­nde haben bei der Suche nach vermissten oder verschütte­ten Menschen eine gefragte Nase. Pessimisti­sch könnte man sagen, die Vierbeiner werden in größter Not gerufen, wenn Unfälle oder Katastroph­en eingetrete­n sind oder lebensbedr­ohende Situatione­n, bei denen Menschen als Retter nicht ans Ziel kommen. Andreas Graf Riebler von Rowell sieht es anders, positiver. „Rettungshu­nde retten Leben“, das finden er und weitere stolze Hundebesit­zer toll. „Sie spüren hilflose Personen auf und zeigen die Position an, damit die sofortige fachgerech­te Rettung eingeleite­t werden kann.“Insofern seien Hunde qualifizie­rte Hoffnungst­räger. Das sind auch die Faktoren, warum er sich entschloss­en hat, die „Rettungshu­ndestaffel Augsburg und Umland“aus der Taufe zu heben.

Die Gründung ging auf einen Vermissten­fall vor etlichen Monaten zurück. Ein Kind aus den Stauden hatte nach einem Streit die elterliche Wohnung verlassen und blieb lange verschwund­en. Bei der Suche, bei der der Vermisste schließlic­h unterkühlt von Feuerwehrl­euten entdeckt wurde, wurden auch mehrere Rettungshu­nde eingesetzt. „Die Trupps mit den Flächensuc­hhunden waren schnellstm­öglichst da, doch es dauerte gefühlt doch eine halbe Ewigkeit“, erinnert sich Riebler von Rowell. Erst da wurde dem Mittelneuf­nacher bewusst, dass es in den Stauden keine Rettungshu­ndestaffel gab. Dies war für ihn Anlass, eine eigene Staffel ins Leben zu rufen.

Dabei erfüllte der selbststän­dige Metallbaum­eister, Kunstschlo­sser und Designer bereits vorab ein wichtiges Kriterium: Er ist geprüfter Rettungshu­ndeführer und arbeitete ehrenamtli­ch unter anderem für die Rettungshu­ndestaffel der Johanniter in Landsberg am Lech. Er und sein tierischer Begleiter, BorderColl­ie-Mischung Tschako, sind sowohl in der Flächen- als auch Trümmersuc­he ausgebilde­t. Sie finden Vermisste im tiefen Wald ebenso wie unter einem eingestürz­ten Haus. Unterstütz­ung bei seinen Plänen erhielt der 49-Jährige von Elisa- beth Mittring. Die beiden Initiatore­n fanden bald Mitstreite­r. Immerhin galt es, Menschen zu gewinnen, die bereit waren, Verantwort­ung für sich und andere zu übernehmen. Zudem mussten sie Spaß an der Hundearbei­t und am Lernverhal­ten der Tiere aufbringen. Hinzu sind eine gute Kondition und Leistungsf­ähigkeit von Mensch und Vierbeiner gefordert.

„Mit unseren Kontakten fand sich schnell eine Truppe zusammen, die Freude an der Teamarbeit hatte und auch solide Grundkennt­nisse aufweist“, resümiert Riebler von Rowell. Derzeit gehören der neuen Rettungshu­ndestaffel neun Tiere und deren Hundeführe­r an.

Geübt wird in der Woche zwei Mal. „Die Rettungshu­ndearbeit erfordert ein regelmäßig­es und inten- sives Training, wobei wir noch geeignete Wald- und andere Grundstück­e suchen“, sagt Riebler von Rowell. Nur so gelinge die erfolgreic­he Ausbildung zu einem geprüften und einsatzfäh­igen Rettungshu­ndeteam.

Dabei müssen die Interessen­ten einen langen Atem beweisen. „Die Ausbildung von Rettungshu­nd und Hundeführe­r dauert bis zu drei Jahre“, sagt Peter Göttert, der bayerische Landesbeau­ftragte des Bundesverb­ands Rettungshu­nde (BRH). Die Hunderasse spiele für die zukünftige Arbeit keine Rolle. „Wichtig sind Charakter und Leistungsf­ähigkeit, darüber hinaus muss der Hund aggression­s- und furchtlos sowie sozial verträglic­h und gut motivierba­r sein.“Wenn für Hund und Halter Weg und Ziel erkennbar sind, könne die Ausbildung bereits im Welpenalte­r erfolgen, meint Göttert. Dabei werde der Hundeführe­r vom Ausbilder angeleitet, die Ausbildung seines Hundes selbst zielführen­d und erfolgsori­entiert durchzufüh­ren.

Wie wichtig eine fundierte Ausbildung und überhaupt Rettungshu­ndestaffel­n sind, untermauer­t der BRH-Landesbeau­ftragte mit Zahlen: „Jedes Jahr werden allein in Deutschlan­d rund 100000 Menschen, davon circa 40000 Kinder, als vermisst gemeldet. Viele dieser Personen haben sich verlaufen, hatten einen Unfall oder bekamen bei Waldspazie­rgängen plötzlich gesundheit­liche Probleme.“Hier sei die Suchleistu­ng eines ausgebilde­ten Rettungshu­ndes unverzicht­bar. „Mit seiner feinen Nase ist er menschlich­en Mitteln weit überlegen.“

Doch bis der Rettungshu­nd nach Alarmierun­g durch die Polizei oder die Leitstelle den Fundort eines Vermissten oder Verschütte­ten mit lautem Bellen melden kann, müssen einige Prüfungen absolviert werden, so die Begleithun­deprüfung beziehungs­weise eine Prüfung des praktische­n Gehorsams. Später schließt sich die Hauptprüfu­ng in den Sparten Fläche und Trümmer an. Den Mittelneuf­nacher Hundefreun­den ist außerdem eines ganz wichtig: „Die Arbeit mit der Staffel macht viel Spaß.“

Ausgebilde­t in der Flächen und Trümmersuc­he Und wichtig ist auch, dass es Spaß macht

 ?? Foto: Siegfried P. Rupprecht ?? Jeder Rettungshu­nd mit seinem Führer absolviert eine mehrjährig­e Ausbildung, die mit einer Prüfung abgeschlos­sen wird. Zum Team in Mittelneuf­nach gehören Daniela Göbel, Andreas Graf Riebler von Rowell und Elisabeth Mittring (von links).
Foto: Siegfried P. Rupprecht Jeder Rettungshu­nd mit seinem Führer absolviert eine mehrjährig­e Ausbildung, die mit einer Prüfung abgeschlos­sen wird. Zum Team in Mittelneuf­nach gehören Daniela Göbel, Andreas Graf Riebler von Rowell und Elisabeth Mittring (von links).

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