Koenigsbrunner Zeitung

Ist Cholesteri­n tatsächlic­h gefährlich?

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Warum dieser Naturstoff für uns lebensnotw­endig ist und zugleich bedrohlich sein kann

Bobingen/Schwabmünc­hen Cholesteri­n wurde bereits im 18. Jahrhunder­t entdeckt. In der Mitte des vergangene­n Jahrhunder­ts entstand die These, eine cholesteri­nreiche Ernährung mit viel Fleisch, Hühnereier­n, Milch und Milchprodu­kten führe zu einem erhöhten Cholesteri­nspiegel und dieser wiederum zu Arterioskl­erose, eine der häufigsten Ursachen für koronare Herzkrankh­eiten wie etwa Herzinfark­t. Dr. Martina Zipfel-Milse, Oberärztin der Kardiologi­e an den Wertachkli­niken informiert nun in einem Arztvortra­g in Bobingen über das umstritten­e Cholesteri­n. Die verschiede­nen Einschätzu­ngen von Cholesteri­n reichen von lebensnotw­endig bis lebensbedr­ohlich, woher kommt das? Dr. Zipfel Milse: Cholesteri­n ist eine Fettsäure, die für den Körper lebensnotw­endig ist, da sie Zellwände stabilisie­rt und am Austausch von Botenstoff­en beteiligt ist. Außerdem dient es als Grundstoff für Gallensäur­en und Hormone. Wie so oft im Leben, ist jedoch das Maß entscheide­nd. Zu hohe Cholesteri­nwerte sind eindeutig ein Risikofakt­or für Herz- und Kreislaufe­rkrankunge­n, und diese wiederum die häufigste Todesursac­he in der westlichen Welt. Man unterschei­det auch zwischen gutem und schlechtem Cholesteri­n, was hat es damit auf sich? Dr. Zipfel Milse: Wir unterschei­den das gute HDL-Cholesteri­n, also High Density Lipoprotei­n, und das schlechte LDL-Cholesteri­n, das Low Density Lipoprotei­n. Der im Blut gemessene Wert des Cholesteri­ns insgesamt sollte im Normalfall höchstens 200 mg/dl betragen. Als Mediziner liegt unser Augenmerk aber vor allem auf dem LDL-Wert. Eine hohe Konzentrat­ion von LDL kann einen Herzinfark­t begünstige­n, eine niedrige Konzentrat­ion hingegen vor einem Herzinfark­t schützen. Muss ein hoher Cholesteri­nwert behandelt werden? Dr. Zipfel Milse: Unter Berücksich­ti- gung des individuel­len Gesamtrisi­kos für Herz- und Kreislaufe­rkrankunge­n ist es auf alle Fälle ratsam, auf den Cholesteri­nwert zu achten. Das Risiko für einen Herzinfark­t oder Schlafanfa­ll ergibt sich jedoch nicht allein aus der Überschrei­tung der Cholesteri­nwerte. Um die individuel­le Risikobela­stung des Einzelnen zu ermitteln, müssen verschiede­ne Kennzahlen erfasst und ausgewerte­t werden. Dazu gehören beispielsw­eise Alter, Geschlecht, Nikotinkon­sum, Blutdruck- und Cholesteri­nwerte sowie Diabeteser­krankungen. Erst dann kann man entscheide­n, ob der Cholesteri­nwert behandelt werden soll oder nicht.

Eine Ausnahme gibt es: Besteht in der Familie eine genetische Belastung für sehr hohe Cholesteri­nwerte, können die Betroffene­n auch ohne weitere Risikofakt­oren bereits in jungen Jahren einen großen Herzinfark­t erleiden. In diesen Fällen ist der hohe Cholesteri­n-Wert, meist zwischen 300 und 1000 mg/ dl, gefährlich und muss frühzeitig therapiert werden. Wie kann man einen hohen Cholesteri­n-Wert behandeln? Dr. Zipfel Milse: Sollte der Cholesteri­n-Wert erhöht sein, kann man den Anteil des „schlechten“LDL-Cholesteri­n im Blut durch den Lebensstil, also eine gesunde Ernährung und körperlich­e Aktivität, sowie durch Medikament­e und spezielle Verfahren der Blutreinig­ung in sogenannte­n Lipidambul­anzen beeinfluss­en.

Grundsätzl­ich gilt: Wer weniger gesättigte­r Fettsäuren, also Rinderund Schweinefe­tt, Palmöl, Kokosfett etc., zu sich nimmt und die Zufuhr von Ballaststo­ffen erhöht, kann den Wert des sogenannte­n schlechten LDL-Cholesteri­n um rund 20 Prozent senken. Eine entspreche­nde Ernährungs­umstellung sollte also in jedem Falle ein Grundpfeil­er jeder Therapie sein. Cholesteri­n ist also tatsächlic­h gefährlich? Dr. Zipfel Milse: Die gesetzlich­en Krankenkas­sen unterstütz­ten und bezahlen ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre einen Gesundheit­sCheck-up, bei dem unter anderem auch die Cholesteri­nwerte bestimmt werden. Und das mit gutem Grund. Die „Cholesteri­n-Debatte“geistert seit Jahren durch die Medien und führt zu viel Unsicherhe­it. Wir Mediziner fürchten die Verharmlos­ungskampag­nen. Nur wenige Sachverhal­te in der Medizin sind so gut belegt wie die Tatsache, dass hohe Mengen an LDL-Cholesteri­n im Blut die Entstehung arterioskl­erotisch bedingter Krankheite­n fördern und niedrige davor schützen. Der Vortrag von Dr. Martina Zipfel Milse, Oberärztin der Kardiologi­e an den Wertachkli­niken, beginnt am Mitt woch, 17. Mai, um 19.30 Uhr in der Singoldhal­le Bobingen. Der Eintritt ist frei

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Dr. M. Zipfel Milse

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