Streit um Särge ist geschlichtet
Bestatter müssen Leichen, die nach auswärts überführt werden, von der Stadt kontrollieren lassen. Es gab Proteste
Wenn es um Verstorbene geht, stehen normalerweise Pietät und Würde im Vordergrund. Doch eine neue Vorschrift der Stadt Augsburg sorgte im Vorfeld für Ärger. Danach müssen Bestatter, die Leichen nach auswärts überführen wollen, die sogenannte „Vorfahrpflicht“erfüllen. Das bedeutet, dass ein städtischer Mitarbeiter im Westfriedhof vorher überprüfen muss, ob alle Voraussetzungen für eine Überführung erfüllt sind. Im Streit zwischen Stadt und Bestattern über die neue Regelung gibt es nach rund einem Jahr eine Einigung. Damit werden Mehrkosten für Angehörige entstehen – aber wohl weniger als befürchtet.
Die Bestatter hatten sich gegen zahlreiche Details der Vorfahrpflicht gewehrt, die von der Stadt festgelegt wurden: Unzumutbar seien etwa die eingeschränkten Zeiten, an denen die Bestatter vorfahren können. Insbesondere bei Todesfällen kurz vor dem Wochenende oder an Feiertagen könnten auf Angehörige hohe Zusatzkosten bis zu 300 Euro zukommen, warnten Bestatter. Denn dann müssten Verstorbene für mehrere Tage im Friedhof untergebracht und gekühlt werden, bevor am Montag die Kontrolle stattfinden kann.
Über den Bayerischen Bestatterverband wurde eine Rechtsanwältin eingeschaltet. Diese hat die Stadt schriftlich aufgefordert, die Anordnung vorläufig auszusetzen. Umweltreferent Reiner Erben hatte im Gegenzug gedroht, sollten die Bestatter die Vorfahrpflicht boykottieren, werde es Bußgelder geben.
Laut Erben gibt es nun eine Einigung, die neue Regelung sei seit April in Kraft. In mehreren Gesprächen mit Vertretern der Bestattungsunternehmen hätten die Voraussetzungen für eine pietätvolle Durchführung der Kontrolle geschaffen werden können. Beispielsweise können Bestatter nun an Samstagen in der Zeit von 9 Uhr bis 13 Uhr vorfahren. Auch ein Raum für infizierte Leichen wurde eingerichtet. Derzeit werden laut Erben neue Kühlmöglichkeiten mit mehr Plätzen geplant. Die Gebühr für die neue Kontrolle liegt bei 60 Euro. Laut Erben hat das bisher zu Einnahmen von 6180 Euro geführt. Die Bestatter akzeptieren inzwischen die Einigung, sagt Sprecherin Anita Ponzio auf Anfrage, „glücklich sind wir darüber aber nicht“.
Wichtig sei, dass mit der Vorfahrpflicht für Angehörige keine hohen Mehrkosten entstehen. Bei der Frage, welche Dokumente vorgelegt werden müssen, habe man sich auf eine Lösung wie in München geeinigt. Fotokopien seien zeitsparender als Originale, so Ponzio. Damit verkürze sich auch die Zeit, in der eine Leiche in der Kühlhalle untergebracht werden muss. Augsburger Bestatter hätten darüber hinaus einen Schlüssel für die Kühlhalle im Westfriedhof bekommen, sodass am Wochenende kein Schließdienst nötig ist, so Ponzio. Dieser würde zusätzlich 80 Euro kosten.