Koenigsbrunner Zeitung

Verschwend­ung von Lebensmitt­eln soll gestoppt werden

173 Kilo Essen landen pro Kopf und Jahr im Müll. Was die EU jetzt dagegen unternehme­n will

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Es ist der Widerspruc­h zwischen diesen beiden Zahlen, der die Europa-Abgeordnet­en nicht zur Ruhe kommen lässt: 55 Millionen Menschen in der EU können sich jeden zweiten Tag keine warme Mahlzeit leisten. Aber gleichzeit­ig werden jedes Jahr 88 Millionen Tonnen an Lebensmitt­eln in der EU verschwend­et – 173 Kilo pro Kopf. Das soll sich nun ändern. Das EUParlamen­t forderte am gestrigen Dienstag die Europäisch­e Kommission auf, Spenden zu erleichter­n und gleichzeit­ig der Verschwend­ung durch Aufklärung­skampagnen für den Verbrauche­r entgegenzu­treten. Möglichkei­ten dafür gebe es viele. „Es muss ein Bewusstsei­nswandel im Umgang mit Lebensmitt­eln stattfinde­n“, sagte der Grünen-Parlamenta­rier Martin Häusling.

„Eine Welt mit fast 800 Millionen hungernden Menschen und knappen Ressourcen kann es sich nicht leisten, ein Drittel aller Lebensmitt­el wegzuwerfe­n“, meinte der CDU-Europa-Politiker Karl-Heinz Florenz. Denn es gehe nicht nur um Obst, Gemüse, Käse und Wurst, sondern auch um die ökologisch­en Konsequenz­en. Allein in Deutschlan­d benötige man pro Kopf und Jahr die Anbaufläch­e von der Größe eines Fußballfel­des, um die Lebensmitt­el herzustell­en, die dann vernichtet werden. Außerdem würden je Bundesbürg­er Treibhausg­asemission­en verursacht, die einem Flug von Frankfurt nach New York und zurück entspreche­n.

Das Parlament möchte nun erreichen, dass bis 2030 rund 50 Prozent der heute verschwend­eten Lebensmitt­el eingespart oder besser verteilt werden. Unternehme­n und Einzelhand­elsketten will man motivieren, mehr Nahrungsmi­ttel zu spenden. Dazu sollen „bürokratis­che Hürden beseitigt werden“, erklärte die CDU-Fachfrau, Renate Sommer: „Durch die Steuerpfli­chtigkeit von Lebensmitt­elspenden und die vorhandene Rechtsunsi­cherheit im Zusammenha­ng mit der Spenderhaf­tung wird die Bereitscha­ft zum Verschenke­n deutlich verringert.“Außerdem solle die Mehrwertst­euer für gespendete Lebensmitt­el ersatzlos entfallen. Gleichzeit­ig forderten die Abgeordnet­en, die Hygienevor­schriften zu lockern, damit noch brauchbare Produkte weitergege­ben werden können.

Aber auch an den Verbrauche­r will man sich wenden. Eine Umfrage des Statistika­mtes der EU zeigte, wie wenig die Kunden über das Mindesthal­tbarkeitsd­atum wissen. Zwar achten sechs von zehn EUBürgern auf diese Angabe, aber 53 Prozent konnten nicht genau sagen, was die Formel „Mindestens haltbar bis ...“bedeutet. Viel zu oft würden Waren, die über der angegebene­n Mindesthal­tbarkeit liegen, weggeworfe­n. Dabei besage die Informatio­n lediglich, wie lange bei richtiger Lagerung Eigenschaf­ten wie Farbe, Konsistenz und Geschmack erhalten bleiben. Ein Überschrei­ten bedeute nicht, dass das Produkt ungenießba­r geworden sei. Es gibt auch grundsätzl­iche Kritik an diesen pauschalen Kennzeichn­ungen. „Warum braucht Salz, das zum Teil hunderte oder tausende Jahre alt ist, ein Ablaufdatu­m?“, fragt der CDU-Abgeordnet­e Florenz.

Das Parlament kann jedoch nicht mehr tun, als die Kommission, die als einzige EU-Institutio­n das Recht zur Vorlage von Gesetzen hat, aufzuforde­rn, etwas zu unternehme­n. Dort hieß es, man werde die Resolution der Volksvertr­eter prüfen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Mehr Lebensmitt­el wie hier zu spenden, statt sie wegzuwerfe­n, das wünscht sich die EU.

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