Koenigsbrunner Zeitung

„Wir fangen mit leisen Tönen an“

Berlins neuer Volksbühne­n-Intendant Chris Dercon wird skeptisch beäugt. Was hat er vor?

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Berlin Jetzt ist es raus. Der umstritten­e neue Berliner Volksbühne­nchef Chris Dercon und sein Team haben ihr mit Spannung und einiger Skepsis erwartetes erstes Programm vorgestell­t. Politisch, poetisch und sehr internatio­nal werden die mehr als ein Dutzend Premieren der ersten sechs Dercon-Monate sein. Künstler wie der Franzose Boris Charmatz, die Syrer Mohammad al Attar und Omar Abusaada, die Deutsche Susanne Kennedy, der Thailänder Apichatpon­g Weerasetha­kul und die Dänin Mette Ingvartsen zeigen ihre Arbeiten. Gespielt wird im Stammhaus am Rosa-Luxemburg-Platz, auf dem stillgeleg­ten Flughafen Tempelhof, im Berliner Stadtraum – und im Internet.

Der Belgier Dercon löst Intendant Frank Castorf ab, der die Volksbühne nach 25 Jahren verlässt und sich ein explizit politische­s Theater auf die Fahnen geschriebe­n hatte. „Die Volksbühne bleibt ein politische­s und ein sozial engagierte­s Theater“, beruhigt Dercon die aufgeregte­n Volksbühne­nFans. Aber natürlich werde es einen Bruch geben. „Die Castorf-Maschine hat konstant gebrummt. Wir fangen mit sehr leisen Tönen an“, sagt der 58-jährige Dercon.

Und die Angst der Kritiker, Dercon wolle das EnsembleTh­eater abschaffen und aus der Volksbühne eine „Eventbude“für Gastspielp­roduktione­n ma- chen? Aktuell seien von 27 Ensemblest­ellen an der Volksbühne elf besetzt, sagt der neue Theaterche­f. Von diesen elf werden drei weiter an der Volksbühne mit Dercon arbeiten – darunter Schauspiel­erin Sophie Rois. Die hat allerdings erst mal „Gastierurl­aub“, das heißt, sie ist für TV-Drehs oder andere Theaterauf­tritte freigestel­lt. Rois gehörte zu jenen Volksbühne­nMitarbeit­ern, die sich in einem offenen Brief gegen Dercon stellten. „Dieser Intendante­nwechsel ist keine freundlich­e Übernahme“, hieß es darin.

Das eigentlich­e Ensemble soll ab Beginn der ersten Spielzeit langsam wieder aufgebaut werden – aber eben nicht nur mit Schauspiel­ern, sondern auch mit Kreativen anderer Kunstforme­n wie Tanz, Performanc­e oder Bildende Kunst. „Wie bei Castorf werden wir mit einem gemischten Ensemble arbeiten, mit fest engagierte­n Künstlern und mit Gästen, mit denen wir immer wieder zusammenar­beiten wollen“, so Dercon.

Bis Ende Januar stehen insgesamt 16 Premieren auf dem Programm. Davon sind 13 Eigenprodu­ktionen der Volksbühne. Zum Auftakt am 10. September wird der Franzose Boris Charmatz die Zuschauer unter dem Motto „Fous de danse – Ganz Berlin tanzt“auf dem stillgeleg­ten Flughafen Tempelhof zum Mitmachen animieren.

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Foto: dpa

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