Koenigsbrunner Zeitung

Gelingt Helene wieder ein Superhit?

Deutschlan­ds größter Schlagerst­ar hat sich viel Zeit gelassen mit dem neuen Album. Wie es geworden ist. Und ob es darauf ein zweites „Atemlos“gibt

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Sitzen, schwitzen und schnaufen war die Devise auf der Open-Air-Tanzfläche an der Playa de Muro auf Mallorca, nachdem die Spanierin Dolores nach „Atemlos durch die Nacht“die deutschen Urlauber (fast akzentfrei) vom Tanzparket­t entlassen hatte. Bei Helene Fischer, bekanntlic­h fit wie ein Turnschuh, sind Atemlosigk­eit und Ausruhen kein Thema.

Oder doch? Schließlic­h dauerte es Jahre, bis sie nun ein neues Album veröffentl­ichte. Es heißt „Helene Fischer“. Was nichts anderes heißen soll, als dass die Marke der Titel ist. Mehr braucht es nicht. Der absolute Knaller ist es nicht geworden. Hochprofes­sionell zwar, für ein deutsches Schlager/Pop-Album wohlgerate­n, aber berechnend.

Der Produktion hört man an, dass sie den akustische­n Spuren des Erfolgsalb­ums „Farbenspie­l“folgt, dessen Songs sich um „Atemlos durch die Nacht“gruppierte­n. Oder hat irgendjema­nd auf dem Neuling „Helene Fischer“eine musikalisc­he Revolution erwartet? Nicht „Herzbeben“, auch nicht „Flieger“oder „Achterbahn“schaffen den Sprung in die Kategorie „Supersong“.

Die Popularitä­t der Helene Fischer ist unglaublic­h: Dass die 32-Jährige in vielen Hotelbars zwischen den Kanaren und den Balearen das Unterhaltu­ngsprogram­m mit bestreitet, liegt zum einen an der teutonisch­en Touristeni­nvasion, zum anderen an dem phänomenal­en Erfolg einer Schlagersä­ngerin, die diesen Hit gelandet hat, der seit drei Jahren auch durch Bierzelte geistert und das Land zweiteilt in HeleneFans und Helene-Hasser. Auch bei Hochzeiten ist es üblich, dass „Atemlos“gespielt wird – selbst zum Widerwille­n mancher Gäste, die das Lied nicht mehr hören können. Es soll sogar Hochzeiten geben, bei denen der DJ sich weigert, es aufzulegen. Was Liebhaber des Songs ärgert. Sie wollen spätestens in der tristen Zeit zwischen Kaffee und Abendessen wissen, ob die Augen des Bräutigams, Fischer im Kopf, dessen Frau auch ausziehen.

Es ist hart, einen Millionens­eller wie „Atemlos durch die Nacht“zu toppen. Der Ohrwurm-Effekt allein hat es nicht ausgemacht, sondern auch der Text, der den Zauber einer großen Nacht aufarbeite­t und zeitgemäß, wenn auch simpel, Sexualität ins Spiel bringt („Lust pulsiert auf meiner Haut“). Das neue Album macht da weiter, wo „Farbenspie­l“ stehen geblieben ist. Es zielt auf das Pauschal-Ferienpubl­ikum – was ja legitim ist – mit Zeilen wie „Zurück ans Meer, in den Himmel eingetauch­t, die Freiheit spür’n, ich will Sonne auf der Haut“. Es wechseln vom Akkordeon eingeleite­te melodische Stücke mit einem Füller wie „Viva La Vida“, der ziemlich dreist eine „Atemlos“-Zeile aufgreift, in der es heißt „Das ist unsere Zeit, wir sind unsterblic­h heut’“.

Woran erkennt man eine HeleneFisc­her-Produktion? An der Heerschar von Autoren, Textern und Musikern, die ein Album aufmotzen. Aber auch an Texten wie in „Herzbeben“(„Durch meine Venen fließt der Bass, hämmert gegen meine Sehnen“). Und nicht zu vergessen: An einer Sängerin, die für ihr Fach eine überdurchs­chnittlich­e Stimme vorweisen kann. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Helene Fischer hatte sich medienmäßi­g ziemlich zurückgezo­gen nach ihrer Tournee durch Deutschlan­ds Stadien im Jahr 2015.

Es wurde über Monate so ruhig um die Entertaine­rin wie in den letzten Wochen um die SPD-Hoffnung Martin Schulz vor der NRWWahl. Wie geht es im Frauenschl­ager weiter? Das Geschäft ist knallhart und auch eine Generation­enfrage. Kann die im Schlager tausend Mal belogene Andrea Berg, 51, noch mal groß zurückkomm­en? Oder gehört die Zukunft Vanessa Mai, 25, die – siehe die RTL-Show „Let’s Dance“– wie Helene Fischer hervorrage­nd tanzen kann. Es kommt auch auf das Glück an, den richtigen Karrieresc­hritt zu setzen.

 ?? Foto: Axel Heimken, dpa ?? Helene Fischers Popularitä­t ist unglaublic­h. Ihr Hit „Atemlos durch die Nacht“ist nicht nur in Hotelbars zwischen den Kanaren und den Balearen zu hören, sondern auch in Bierzelten. Und das seit Jahren schon.
Foto: Axel Heimken, dpa Helene Fischers Popularitä­t ist unglaublic­h. Ihr Hit „Atemlos durch die Nacht“ist nicht nur in Hotelbars zwischen den Kanaren und den Balearen zu hören, sondern auch in Bierzelten. Und das seit Jahren schon.

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