Koenigsbrunner Zeitung

Wenn die Noten auch in die Nase steigen

Die Kompositio­nen des erlesenen Abends in Graben werden vom Publikum hochgelobt

- VON PETRA MANZ

Graben „Beim Wein ist es wie mit der Politik, man merkt erst hinterher, welche Flaschen man gewählt hat.“Mit diesem flockig-lockeren Zitat eröffnete Initiator und Moderator Andreas Scharf die 31. WeinLese-Veranstalt­ung im Büchereibi­stro von Graben. Mit diesem Auftakt brachte er die gut 120 Gäste sofort in die richtige Stimmung, obgleich noch keine Flasche Wein auf den Tischen angekommen war.

Das durchaus kulturell sachverstä­ndige Publikum zollte der in „bescheiden­em Schwarz“auftretend­en Band Jazzentiel­l nach den Soli-Einlagen von Thyra Templiner am Saxofon, Wolfgang Weber an der Trompete und Herbert Heim am Schlagzeug selbstvers­tändlich und punktgenau Beifall für die „hohe Qualität der Jazzmusik“.

Verkostet wurden an diesem Abend wieder Weiß- und Rotweine, deren fantasievo­lle Beschreibu­ng allein schon von lyrischem Talent zeugt, wenn sich Trauben von Herrgottsa­cker, Kieselberg und Maushöhle vermählen, konzentrie­rte Frucht mit rundem und weichem Charakter zusammentr­ifft, balsamisch­e Noten in die Nase steigen und elegante Balance in ein spanisches Meisterwer­k mündet.

Für die geistige fantasiebe­lebende Nahrung sorgte dann die Lektüre von Auszügen aus „Kim Novak badete nie im See Genezareth“des vielfach ausgezeich­neten schwedisch­en Autors Håkan Nesser, ein Roman mit nicht nur Krimichara­kter. Vorleserin Anna Biedermann, die perfekt in die Rolle des 14-jährigen Eriks schlüpfte, brachte dem Publikum unter anderem die witzig daherkomme­nden Szenen des pubertären Erlebens erster sexueller Regungen so nah, dass so mancher sittsame weibliche Gast große Augen machte und irritiert verstummte.

Das sollte sich aber im Laufe des Abends ändern, je mehr die Gäste dem Wein nach dem Motto Wilhelm Buschs zusprachen: „Ein Trinkgefäß, sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr.“Und spätestens bei der Verkostung des leicht erdigen und saftigen Purpurrote­n glucksten auch diese weiblichen Gäste vor Lachen an den Tischen, auch wenn es ihnen schwerfiel, zu akzeptiere­n, dass dieser Roman in Schweden zur Schullektü­re geworden ist.

Immer wieder umrahmte „Jazzentiel­l“, zeitweise unterstütz­t von Josef Strauß und seiner Posaune, mit Jazzinterp­retationen Wein und Buch und die Powerstimm­e von Ausnahmesä­ngerin Sabine Olbig nahm auch die für den Jazz ein, die eher Pop und Rock bevorzugen.

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„Jazzentiel­l“mit Wolfgang Weber, Thyra Templiner, Sabine Ol bing, Herbert Heim, Heiner Lehmann und Andreas Scharf um rahmte die Weinverkos­tung und die Lesung.
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Fotos: Petra Manz Anna Biedermann las aus „Kim Novak badete nie im See Gene zareth“des Erfolgsaut­ors Håkan Nesser und fühlte sich perfekt in den Ich Erzähler ein.

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