Koenigsbrunner Zeitung

Geht für den Opel Chef das Tor zu?

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Karl-Thomas Neumann könnte den Autobauer im Zuge der Übernahme durch den französisc­hen PSA-Konzern verlassen. Was das für deutsche Standorte bedeutet

Rüsselshei­m Am Freitag hat sich Karl-Thomas Neumann noch ganz den Aufgaben eines Opel-Chefs gewidmet. Auf dem Landesfest Hessentag, das dieser Tage in der OpelStadt Rüsselshei­m steigt, präsentier­te der Manager via Twitter Sportwagen, eine Besucherba­hn fürs Werksgelän­de und populäre Rockkonzer­te. Nur wenige Stunden später scheint klar: Neumanns Tage bei Opel und in Rüsselshei­m sind gezählt. Wie es heißt, wolle er das Unternehme­n verlassen, sobald der Verkauf von General Motors an die französisc­he Peugeot-Mutter PSA vollzogen ist.

Seit den ersten Nachrichte­n über den Deal gab es Spekulatio­nen über einen Abschied des 56 Jahre alten Neumann, dem eine Unterordnu­ng unter PSA-Chef Carlos Tavares nicht zugetraut wurde. Schließlic­h hat Neumann den traditions­reichen Autobauer, der seit 1929 zum USKonzern General Motors (GM) gehört, seit 2013 weitgehend eigenständ­ig gelenkt. Selbst Kritiker respektier­en die griffige Werbung, das frische Image und die technisch stark verbessert­e Produktpal­ette der Marke Opel.

Was dauerhaft fehlt, war und ist der wirtschaft­liche Erfolg, denn auch Neumann schaffte es nicht, das GM-Europagesc­häft endlich aus den roten Zahlen zu steuern. Es gab dafür auch externe Gründe wie den Ausfall des russischen Marktes und die Schwäche des britischen Pfunds nach der Brexit-Entscheidu­ng.

Doch offenbar hatte GM-Chefin Mary Barra das Vertrauen verloren und ließ sich auf die mittlerwei­le schon weit gediehenen Verkaufsge­spräche mit den Franzosen ein. Die haben unter Tavares ihre Kosten im Griff, wie Neumann schon bei der 2012 begonnenen gemeinsame­n Entwicklun­g neuer Familien-Autos beobachten konnte. Neumann soll nicht gerade zu den Ersten gehört haben, die von Barra über das Milliarden-Geschäft unterricht­et wurden.

Dass Opel nun Neumann verlieren könnte, schwächt die Position des Unternehme­ns im neuen Konzern, glaubt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r vom Car-Institut der Universitä­t Duisburg-Essen.

Die Verteilung­skämpfe mit PSA gehen erst nach dem Betriebsüb­ergang so richtig los, denn die beste- henden Aufträge, die auch weiterhin von GM kommen sollen, reichen nur begrenzt. Die Franzosen sollen für das GM-Europa-Geschäft inklusive der britischen Opel-Schwester Vauxhall und der Finanzspar­te rund 2,2 Milliarden Euro zahlen. Opel beschäftig­t mit seiner britischen Schwesterm­arke Vauxhall in Europa etwa 38000 Mitarbeite­r, die Hälfte davon in Deutschlan­d.

Vor allem das firmeneige­ne Entwicklun­gszentrum mit rund 7700 Mitarbeite­rn in Rüsselshei­m hat bei einer Fusion mit PSA viel zu verlieren, schließlic­h beschäftig­en die Franzosen in den eigenen Zentren auch rund 14 000 ebenso kundige Experten. Bislang wurden im deutschen Opel-Entwicklun­gszentrum komplette Autos geplant, künftig könnte es bei vielen Modellen nur noch eine Art Fein-Tuning sein, damit sich die Marke Opel zumindest äußerlich von seinen Schwesterm­odellen der anderen Konzernmar­ken Peugeot, Citroen oder DS unterschei­det. Die Tendenz ist klar: Trotz bereits angelaufen­er Arbeiten wurde vor wenigen Wochen der für 2019 geplante Opel Corsa auf eine PSA-Plattform – also Produktion­sgrundlage – verschoben, weil diese sehr viel kostengüns­tiger ist.

Neumann ist in den vergangene­n Jahren stets als starker Verfechter der Elektro-Mobilität aufgetrete­n, wollte Opel sogar vollständi­g auf diesen Antrieb umstellen und Rüsselshei­m zum entscheide­nden Entwicklun­gszentrum machen. PSAChef Tavares verlangt hingegen vom Opel-Management, bis 2020 wieder profitabel zu werden – bei großen Investitio­nen in die E-Mobilität wäre diese Vorgabe utopisch. Auto-Experte Dudenhöffe­r weist daraufhin, dass es mit der ElektroKom­petenz bei Opel so weit dann auch nicht her sei, schließlic­h wird das durchaus attraktive Elektro-Auto Ampera-E wie schon sein Vorgänger ausschließ­lich in den USA gebaut. Auch habe Neumann den Umbruch zu schnell geplant.

Die Zukunft des Marathon-Läufers Neumann ist also noch unklar. Der Elektro-Ingenieur hat in seiner Laufbahn für Motorola, Continenta­l und in mehreren Positionen für den Volkswagen-Konzern gearbeitet und würde – wie es in der deutschen Automobilb­ranche heißt – gerne in der Industrie bleiben. Opel wird sich dem Vernehmen nach schnell neu aufstellen. Bereits am 22. Juni soll in einer Sitzung des Opel-Aufsichtsr­ats über die neue Führung gesprochen werden. Weitere Details sind noch nicht bekannt.

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Foto: Anne Dedert, dpa Das Opel Logo prangt auf dem Werksgelän­de des Autobauers Opel in Rüsselshei­m über einem verschloss­enen Tor.
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Karl Thomas Neumann

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