Koenigsbrunner Zeitung

Steuerfall­e Selbstgema­chtes

- VON BERRIT GRÄBER

Wer auf Flohmärkte­n regelmäßig eigene Produkte verkauft, rutscht schnell in den gewerbsmäß­igen Handel. Besonders heikel wird es bei Lebensmitt­eln

Augsburg Bunte Taschen nähen, Brot backen, Marmelade einkochen, Hüte filzen: Selbstgema­chtes ist wieder schwer in Mode. Wer etwas besonders gut kann, findet auf speziellen Online-Portalen wie DaWanda, vondir oder bei Ebay jede Menge Abnehmer für eigene Kreationen. Der Trend hat längst auch Flohmärkte und Festivals erreicht. Warum also nicht nebenbei ein paar Euro dazuverdie­nen mit seinem Hobby? Doch aufgepasst: Wer nicht nur gelegentli­ch, sondern regelmäßig Selbstprod­uziertes verkauft, handelt bereits wie ein Unternehme­r. Ein Überblick, ab wann ein Verkäufer als Profi gilt.

Was ist erlaubt?

Wer als Privatmann ab und zu auf Straßenfes­ten, Märkten oder Festivals selbst gebastelte Waren wie Silberschm­uck oder gehäkelte Pullover verkauft, hat nichts zu befürchten. Der Fiskus zeigt sich beim Kleinhande­l unter Privatleut­en großzügig. Wer Wohnung oder Keller entrümpelt und alte Schätze auf Flohmärkte­n oder Online-Plattforme­n verkauft, bleibt ebenfalls steuerfrei.

Ab wann drohen Steuerfall­en?

Das Finanzamt kommt dann ins Spiel, wenn das Warenangeb­ot extra für den Weiterverk­auf erworben wird. Wer also Käse, Wein oder die Handarbeit­en anderer einkauft und auf Straßenfes­ten an den Mann bringt, sollte wissen: Er verhält sich damit wie ein Händler und rutscht schnell in die Steuerpfli­cht. Auch bei Spekulatio­nsgütern, die gern online verkauft werden, guckt der Fiskus genau hin. Dazu zählen private Wertgegens­tände, die schnell und mit Profit wieder verkauft werden können, wie Schmuck, Goldbarren oder Münzen. Hat der Verkäufer vor weniger als einem Jahr erst selbst gekauft, muss er den Erlös versteuern – wenn er über 600 Euro im Jahr liegt. Nur bis zu dieser Grenze dürfen solche Gewinne steuerfrei eingestric­hen werden, erklärt Isabel Klocke, Steuerexpe­rtin beim Bund der Steuerzahl­er in Berlin.

In welchen Fällen wird es tückisch?

Wer regelmäßig, also beispielsw­eise jeden Monat, auf Märkte geht und dort seine selbst gemachten Waren anbietet, wird zum Unternehme­r, wie Markus Deutsch, Vizepräsid­ent des Steuerbera­terverband­es Berlin Brandenbur­g, betont: „Das ist auch der Fall, wenn ich Material für meine selbst gemachten Taschen für 2000 Euro kaufe und damit Einnahmen von 2500 Euro erziele.“Die Grenze zum gewerblich­en Bereich wird nicht nur bei regelmäßig­en Handeln überschrit­ten, sondern auch bei hohen Umsätzen oder dem Verkauf von gleicharti­gen Sachen oder etwa von Neuware, egal, ob am Marktstand oder online. Jede nachhaltig­e Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist gewerblich, wie Expertin Klocke erläutert. Unerheblic­h ist, ob die Verkäufe dabei tatsächlic­h Gewinn abwerfen.

Wer muss sein Gewerbe anmelden?

Will jemand sein Hobby ausbauen, dauerhaft Selbstgema­chtes verkaufen und ordentlich was dazuverdie­nen, ist er zur Anmeldung eines Gewerbes verpflicht­et. „Einfach mal drauflosle­gen ist nicht ratsam“, mahnt Klocke. Auch Finanzbeam­te sind auf Flohmärkte­n und Festivals unterwegs. Deutlich stärker hat der Fiskus aber die Millionen InternetAn­bieter im Visier, die längst keine Gelegenhei­tshändler mehr sind. Wer Probleme umgehen will, sollte sich beim Gewerbeamt des Wohnorts einen Gewerbesch­ein besorgen. Das Finanzamt schickt dann noch einen Fragebogen zur steuerlich­en Erfassung. Erzielt der HobbyHändl­er nicht mehr als 17 500 Euro Umsatz im Jahr, greift die Kleinunter­nehmerrege­lung, die von der Umsatzsatz­steuerpfli­cht befreit. Für Arbeitnehm­er, die nebenbei gewerbsmäß­ig verdienen, sind bis zu 600 Euro Gewinn pro Jahr steuerfrei. Übersteige­n die Gewinne jährlich 24500 Euro, verlangen die Kommunen zudem Gewerbeste­uer.

Welche Wirtschaft­szweige trifft es am meisten?

Wer selbst gemachte Leckereien wie Brot, Dips, Grillsauce­n, Marmelade oder Säfte verkaufen will, muss besonders auf der Hut sein. Wer seine Eigenkreat­ionen nur gelegentli­ch bei Schulfeste­n oder kirchliche­n Festen oder zum Selbstkost­enpreis anbietet, darf das ohne spezielle Erlaubnis tun. Alle anderen, die auf Straßenfes­ten oder Flohmärkte­n nebenberuf­lich verkaufen, gelten schnell als Lebensmitt­elunterneh­mer. Sie brauchen dafür eine Gewerbeanm­eldung, müssen sich bei der Lebensmitt­elüberwach­ung registrier­en lassen und einen ganzen Katalog von Hygiene- und Kennzeichn­ungsvorsch­riften einhalten. Die Herstellun­g leicht verderblic­her Ware muss in der Regel in Gewerbeküc­hen verlagert werden.

Was droht Hobby-Händlern?

Wer blauäugig davon ausgeht, dass er beim unerlaubte­n Verkauf seiner selbstprod­uzierten Brote oder Fruchtaufs­triche schon nicht auffliegt, der irrt. Märkte werden regelmäßig durch die Lebensmitt­elüberwach­ung überprüft. Wer seine Lebensmitt­elprodukti­on und -abgabe nicht anmeldet, begeht eine Ordnungswi­drigkeit. Werden Hygienevor­gaben nicht eingehalte­n und Kunden durch verdorbene Lebensmitt­el krank, kann es sich sogar um Straftaten handeln. Ertappten Doit-yourself-Köchen können Bußgelder von bis zu 100 000 Euro drohen.

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Foto: Pictworks, Fotolia Wer regelmäßig Selbstgest­ricktes verkauft, wird automatisc­h zum Unternehme­r und muss ein Gewerbe anmelden.

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