„Es ist sehr schwer, die Jungen zu halten“
Manuela Gawehn ist Wettkampfleiterin und Technische Delegierte des Internationalen Kanuverbands. Die Siegburgerin erklärt, warum es Wildwasser-Sportler so schwer haben
Mit dem Rücktritt des Augsburgers Normen Weber verlässt einer der erfolgreichsten deutschen WildwasserRennsportler die internationale Bühne. Was bedeutet das für die Zukunft des deutschen Wildwasser-Sports allgemein? Manuela Gawehn: Dadurch, dass Norman Weber, der immer sehr engagiert und erfolgreich war, wegbricht, entsteht da jetzt eine Lücke. Es wird immer schwerer, junge Sportler dazu zu bringen, diesen Leistungssport zu machen, weil es keine Förderung mehr gibt und wenn sie die Mittel alle selbst aufbringen müssen. Warum krankt es so an der Förderung des Wildwasser-Rennsports in Deutschland? Gawehn: Es gibt keine Förderung, weil diese Sportart keine Olympische Disziplin ist. Bis kürzlich hatten wir allerdings noch einen Sonderstatus bei der Deutschen Sporthilfe, weil wir eine der erfolgreichsten Sportarten in Deutschland waren. Nun wird allerdings durch das große neue Sportkonzept in Deutschland, das gerade in aller Munde ist, alles umstrukturiert. Und da sieht es sehr, sehr schlecht aus, dass der Wildwassersport irgendwann wieder eine Förderung bekommt. Und ohne Geld gibt es keine qualifizierten Trainer und dann fehlt der Unterbau, der Nachwuchs.
Wie wird das in anderen Ländern gehandhabt? Gawehn: Ganz anders. In Frankreich zum Beispiel hat der Sport einen ganz anderen Stellenwert. Die kriegen richtig Geld. Die Trainer sind voll angestellt und werden voll bezahlt. Bei uns läuft alles ehrenamtlich.
Wie sehen Sie in Deutschland nun die Zukunft des Wildwasser-Rennsports? Gawehn: Im Moment brechen uns tatsächlich die Sportler weg. Wenn die alten Sportler aufhören, kommt wenig nach. Es ist sehr schwer, die Jungen zu halten. Sobald sie besser werden, müssen sie mehr reisen, um die Wettkämpfe zu bestreiten. Das kostet Geld. Wer soll das bezahlen? Wenn es Sportler sind, deren Familien nicht aus diesem Sport kommen, ist es sehr schwer, sie zu halten.
Wie stark fordert der Augsburger Eiskanal gerade die jungen Sportler? Gawehn: Es ist nicht so leicht, hier gerade runterzufahren. Es geht ganz schnell, dass man mal an der Bogenbrücke gegen die Wand fährt oder einparkt. Die Sportler fahren hier schon volles Risiko runter.
Wie wird der Eiskanal generell angenommen von den Sportlern? Gawehn: Sehr, sehr gut. Die Kanuten kommen gerne hierher, weil es eben eine richtige Wildwasserstrecke ist. Es ist nicht zu flach, und es kann nichts passieren. Die Steine sind rund, anders als in den natürlichen Gewässern, in denen wir uns sonst bewegen. An Felsen kann man sich schon mal die Boote kaputt machen oder sogar aufschneiden. Das passiert am Eiskanal durch die künstlichen Einbauten nicht.
Manuela Gawehn ist seit Oktober 2011 im deutschen Kanuverband für den Wildwas ser Rennsport verantwortlich. Zuvor organi sierte sie Veran staltungen, war in der Öffentlich keitsarbeit tätig und betreute die Nationalmannschaft. (AZ)