Koenigsbrunner Zeitung

Einst war’s die reichste Stadt

- VON ALOIS KNOLLER

Bernd Roeck schreibt Augsburgs Geschichte

2000 Jahre in einer Stunde verheißt die Augsburger Stadtrundf­ahrt. Gar so schnell wird man Bernd Roecks „Geschichte Augsburgs“nicht gelesen haben, doch immerhin bringt der Historiker, der in Zürich lehrt, das Werden seiner Heimatstad­t auf kompakten 200 Seiten unter. Gerade ist sein Stadtbuch in einer zweiten Auflage leicht aktualisie­rt erschienen.

Der Duktus blieb derselbe, eine leichtfüßi­ge, doch faktenreic­he Erzählung von den Anfängen bis zur Gegenwart, exzellent und reichhalti­g bebildert. Wer sich vertiefen will, möge auf spezieller­e Abhandlung­en aus dem Literaturv­erzeichnis zurückgrei­fen. Roecks Intention zielt auf den Überblick, auf die großen Linien der Stadtgesch­ichte in ihren einzelnen Epochen. So durchwande­rt der Historiker die Stadt der

Die Musik spielt heute buchstäbli­ch anderswo

Römer, der Bischöfe, der Staufer, dann die Freie Reichsstad­t, die dank Fugger, Welser & Co. die reichste Stadt der Welt werden sollte mit einer Blüte bis ans Ende des 18. Jahrhunder­ts, ehe sie absank zur bayerische­n Provinzsta­dt. Die süffisante Bemerkung, seither spiele die Musik „buchstäbli­ch anderswo“, kann sich Roeck nicht verkneifen. Außer Brecht habe Augsburg auch keinen Maler, Komponiste­n oder Dichter von Rang hervorgebr­acht – und BB suchte seinen Ruhm auswärts.

Leider viel zu knapp würdigt der stärker an Kultur- und politische­r Geschichte interessie­rte Historiker Roeck die Industries­tadt Augsburg mit ihrem Maschinenb­au und Flugzeugwe­rken und so gut wie gar nicht ihre Textilbran­che. Sein Vorgänger Wolfgang Zorn, ein Wirtschaft­shistorike­r und ebenfalls geborener Augsburger, der erstmals 1955 seine „Geschichte einer europäisch­en Stadt“verfasste, hatte hier noch einen anderen Fokus.

Selbst die Gründung der Universitä­t ist Roeck nur eine Randbemerk­ung wert, ganz zu schweigen vom Ausbau des Wissenscha­ftsstandor­ts. Er beendet seine Stadtgesch­ichte vielmehr mit einem melancholi­schen Abgesang. „Sie taten meist nichts Nennenswer­tes“, resümiert er das Alltagsleb­en der Augsburger. Die Stadt erlebe eine allmählich­e Verödung ihres Zentrums. „Wenn der Abend über die Dächer kommt, erlöschen hier die Lichter …“, schrieb Roeck im Nachwort zur 2. Auflage.

»Bernd Roeck: Geschichte Augs burgs, Verlag C. H. Beck, 2. durchgese hene Auflage, 223 Seiten, 19,95 Euro

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