Ein bunter Einsatz für ein vereintes Europa
Stundenten der Hochschule Augsburg haben die Unterführung an der Schülestraße mit Graffitis besprüht – und das ganz legal. Anlass waren 60 Jahre Europa und 30 Jahre Erasmus-Programm. Welche Symbole die jungen Menschen mit der EU verbinden
Was haben Zahnräder mit Europa zu tun? Für die Studenten der Hochschule Augsburg symbolisieren sie die Europäische Gemeinschaft mit ihren Institutionen, sagt Christopher Flörke, Mitorganisator des Projektes „60 Jahre Europa, 30 Jahre Erasmus“. „Nur wenn alle Institutionen perfekt ineinandergreifen, kann Europa funktionieren.“Aus diesem Grund sind Zahnräder auch das vorherrschende Thema der Graffitis, mit denen rund 15 internationale Studierende der Hochschule jetzt die Unterführung an der Schülestraße besprüht haben.
„Wandbilder dienen nicht nur dem Protest, sondern vor allem auch dem gesellschaftlichen Diskurs“, erklärt Flörke die Idee hinter dem Projekt. Man habe anlässlich der beiden Jubiläen eine Aktion gesucht, mit der das Thema Europa in die Öffentlichkeit gebracht werden kann und die zugleich Passanten zum Gespräch anregt. „Wichtig ist uns, nicht zu provozieren, sondern die europäische Vielfalt auf neutrale Weise widerzuspiegeln“, so der Student der Wirtschaftswissenschaften. In dreimonatiger Vorbereitungszeit habe man mit der Stadt, dem Europabüro und unter anderem dem Popkulturbeauftragten gesprochen und sie für die Idee begeistert. Mit dem Tiefbauamt wurde die passende Unterführung gefunden – die künstlerische Unterstützung kommt vom Graffiti-Verein „Die Bunten“. Es gab sogar etwas Fördergelder – der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) sponsorte 500 Euro für die Aktion.
Die „Künstler“sind Studenten aus den verschiedenen Zweigen der Hochschule und kommen nicht nur aus EU-Staaten, sondern unter an- derem auch aus Asien. „Jeder Teilnehmer hat sich Gedanken gemacht, wofür für ihn sein Land steht und das in Symbole umgesetzt“, erklärt Flörke. Weil alle Teilnehmer Anfänger sind, was das Thema Graffiti anbelangt, habe man sich auf einfache Formen verständigt, die zum Teil frei gesprüht und zum Teil mit Schablonen aufgebracht werden.
Für die praktische Umsetzung vor Ort steht Daniel Troster von den „Bunten“zur Verfügung. „Wir hatten die Teilnehmer schon zur Mai-Jam eingeladen, da konnten sie das erste Mal die Arbeit mit der Spraydose kennenlernen“, berichtet er. „Die Idee, diese Unterführung zu gestalten, gibt es schon lange. Es freut mich, dass das jetzt die Studenten machen“, sagt er.
Megan Fenner kommt aus England und studiert in Augsburg über das Erasmus-Programm Kommunikationsdesign. Sie hat eine Tasse Tee, komplett mit Teebeuteletikett und Dampfwölkchen, als Vorlage aus Pappe ausgeschnitten und sprayt diese jetzt in knalligem Orange an die Mauer. „Was steht besser für England als eine Tasse Tee?“, meint sie. Ihr gefällt die Aktion, weil auch nach Ende ihrer Zeit in Augsburg etwas von ihr in der Stadt zurückbleibt. Gegenüber hat ein Franzose den Eiffelturm auf eines der Zahnräder gesprüht, ein Stück weiter arbeitet eine junge Dame konzentriert an einem Tiger in den Umrissen eines Landes. „Das ist meine Heimat Korea“, erklärt sie, der Tiger sei das Wappentier des Landes. „Klar ist das nicht Europa, aber das macht doch nichts, wir sind alle Studenten“, findet sie.
Vor allem freundlich und nicht provokant sollte die Gestaltung sein, erklärt Jörg Fichtinger vom Augsburger Tiefbauamt. „Wenn Motive zu politisch sind, fordern sie geradezu dazu auf, illegal übersprüht zu werden“, hat er an vielen anderen Stellen der Stadt wie beispielsweise der Pferseer Unterführung erlebt. Aus diesem Grund wurde ein heller Blauton für die Grundierung gewählt, die Zahnräder sind dezent „cappuccinofarben“oder „babyblau“.
Christopher Flörke ist von den künstlerischen Ambitionen seiner Mitstudenten angetan. „Das würde ich so nicht hinbekommen“, sagt er und zeigt auf ein kompliziertes Blumenmuster. Darum hat er sich ein einfacheres Motiv ausgesucht – einen großen „Pacman-Geist“, wie er im gleichnamigen Videospiel der 80er Jahre vorkommt.
Der soll die Gefahren darstellen, die von außen auf die Europäische Gemeinschaft einwirken. Ein Stern aus dem Spiel „Super-Mario“steht dagegen für die zwölf Sterne der Europaflagge.