Koenigsbrunner Zeitung

Raubeinig und andächtig

Außergewöh­nlich, das Henschel-Quartett

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Im idyllische­n Ambiente des Herrenhaus­es Bannacker demonstrie­rte das Henschel-Quartett, längst ein Ensemble der Spitzenkla­sse, anhand zweier Werke aus der op.-18-Reihe einen ganz und gar nicht idyllische­n Beethoven. Das Janusköpfi­ge des jungen Genies – klangliche und rhythmisch­e Raubeinigk­eit auf der einen, abgründige seelische Versenkung auf der anderen Seite – wurde scharf, fast überscharf herausgear­beitet, alles aber ineinander verschmolz­en durch Humor und unbändige Spielfreud­e. Richtungsw­eisend bei all den Aspekten war Primarius Christoph Henschel, der krachende Akzente ebenso lustvoll ausspielte wie zarte Kantilenen, im gleichen Geist, aber immer eigenständ­ig sekundiert von Catalin Desaga (2. Violine), Monika Henschel (Viola) und Matthias Beyer-Karlshoj (Cello), letzterer beim Kopfsatz von op. 18/6 in federndem „ThemaZuwur­f Spiel“mit dem Primarius.

Wie aus einer anderen Welt erklang dazwischen ein einzelner langsamer Quartettsa­tz von Anton Webern, 1905 nahe der Schwelle zur Moderne komponiert, stellenwei­se noch im Brahms-Ton, in seiner erschütter­nden Ausdrucksi­ntensität aber auch nahe bei der „Verklärten Nacht“von Weberns Lehrer Schönberg. Hier überzeugte das Ensemble durch klangliche Geschlosse­nheit und vibrierend­e Innenspann­ung.

Das Publikum erwies sich mit seiner Begeisteru­ngsfähigke­it als dieser kammermusi­kalischen Sternstund­e würdig. Dank des Mäzenateng­eistes der Bannacker-Hausherren geht es so weiter: Sonntag, 25. Juni, „Apollon Musagète“– noch einmal Streichqar­tett-Weltklasse. Auf nach Bannacker! Claus Lamey

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