Mit dem Rad durchs Reich des russischen Bären
Raimund Kraus reist von Ziemetshausen bis nach Wladiwostok. Erste Eindrücke seiner Fahrt
Ziemetshausen Unendliche Weiten und riesige Birkenwälder, durchstreift Raimund Kraus mit seinem Rad auf dem Weg nach Wladiwostok. Rund 12000 Kilometer will der Extremradler zurücklegen, um vom heimischen Ziemetshausen in die ganz im russischen Osten an der Pazifikküste gelegene Metropole zu gelangen.
Zumindest im europäischen Teil des russischen Riesenreiches fühlte sich Kraus eher wie auf einer „Routinereise“, wie er in einem Telefonat mit unserer Zeitung erläuterte. „Russland ist für mich bis jetzt leicht zu bereisen“, erklärte Kraus etwa 500 Kilometer östlich der Hauptstadt Moskau. Die Straßen – Kraus fährt meist auf größeren Fern- und Schnellstraßen – seien gut ausgebaut und er komme gut voran. Zwar würden die Strecken auch stark vom Schwerlastverkehr genutzt, doch seien Bankett oder Seitenstreifen meist breit genug, um ihm als Radler ausreichend Platz zu bieten.
Lediglich bei der Einfahrt nach Moskau gab es einen kleineren Zwischenfall, als ihn die Polizei mit seinem Rad von der Autobahn verwies. Doch die Polizisten seien freundlich gewesen und hätten auch kein Bußgeld erhoben. Selbstverständlich nutzte Kraus die Zeit in Moskau, um einige Sehenswürdigkeiten zu besuchen, ehe er sich weiter auf den Weg gen Osten machte, wo ihn immer enger werdende Straßen durch die Steppe und ausgedehnte Birkenwälder führen. Mit den Unterkünften gebe es bislang kein Problem. In der Regel seien die Motels ordentlich, auch wenn die Ausstattung weiter im Osten etwas „ruppiger“sei.
Kulinarisch sei die Reise bislang kein Hochgenuss, dennoch habe er meist in kleinen Büffet-Restaurants an den großen Straßen recht gut gegessen. „Wenn man Hunger hat, geht das schon“, sagt er. Er bewege sich hautsächlich entlang der Speckgürtel und folge den Berufskraftfahrern, „da gibt’s was zum Essen.“ Die Straßen bieten zwar weniger Romantik, dafür aber etwas mehr Sicherheit. Denn auch die Bären halten lieber etwas Sicherheitsabstand, was beim Zelten wiederum von Vorteil ist.
Die Menschen, denen er bislang begegnete, waren sehr freundlich. Erst einmal sei er beim Wildcampen verjagt worden, das sei allerdings schon in Polen gewesen. „Die Russen sind auch nicht ’zwider’“, sagt Kraus. Manche Deutsche seien da „verbiesterter“. Er genießt aber auch die innere Ruhe, zu der er während der Fahrt gelangt. „Das sind kleine Glücksmomente, wenn sich abends eine Nachtigall aufs Zelt setzt. Ich bin einfach frei“, beschreibt Kraus sein Lebensgefühl. Mit der Navigation gebe es keine Schwierigkeiten. „Ich hab die Pläne alle in der Hosentasche als OfflineKarten in meinem Handy gespeichert“, sagt er.
Bislang konnte er auch regelmäßig nach Hause telefonieren. Doch er geht davon aus, dass das Mobilfunknetz je weiter er nach Osten kommt, größere Lücken aufweisen wird. Als größere Sehenswürdigkeit liegt als Nächstes noch der Baikalsee in Sibirien auf der Strecke. Müde ist Kraus noch nicht, der Hintern schmerzt schon lange nicht mehr und sein Ziel hat er fest im Blick: „Das ist eine mentale Sache. Ich seh mich schon, wie ich in Wladiwostok einfahre.“
„Das ist eine mentale Sache. Ich seh mich schon, wie ich in Wladiwostok einfahre.“
Raimund Kraus