Drei Fragen und 15 Antworten
Die fünf Fraktionschefs im Kreistag bewerten die vergangenen drei Jahren sehr unterschiedlich. Deshalb stehen hier Flops und Erfolge einträchtig nebeneinander. Worum es dabei geht? Lesen Sie selbst
Lorenz Müller CSU
Der Landkreis Augsburg hat sich wirtschaftlich und bezüglich seiner Anziehungskraft und Lebensqualität hervorragend entwickelt. Maßgebend hierfür sind sicher auch die von der CSU verfolgte Bildungspolitik, die konsequente Wirtschaftsförderung und die Verbesserung der Infrastruktur, etwa im ÖPNV. Die von der KreistagsCSU seit vielen Jahren betriebene Umwandlung des Zentralklinikums in ein Universitätsklinikum eröffnet großes Potenzial für die weitere positive Entwicklung.
Angesichts der Tatsache, dass das Wahlprogramm und das Maßnahmenpaket der Kreistags-CSU konsequent umgesetzt werden, lässt sich von einem Misserfolg kaum sprechen. Wir würden uns bisweilen wünschen, dass manche Maßnahmen, wie etwa die Staudenbahn oder der Ausbau der 3. Gleise Richtung Westen, zügiger realisiert werden können.
Der Landkreis ist eine Wachstumsregion. Es stehen große Investitionen im Bereich der Bildung z.B., aber nicht nur bei den Gymnasien Gersthofen und Neusäß, an. Die Infrastrukturen im Bereich Bildung, bezahlbarer Wohnraum und Verkehr sind an den steigenden Bedarf anzupassen. Die medizinische und ärztliche Versorgung auch auf dem Land und der Abbau des Fachkräftemangels sind Herausforderungen, denen wir uns stellen.
Fotos der Abgeordneten: Landratsamt Augsburg, Freie Wähler, Marcus Merk, Michael Hochgemuth
Fabian Mehring FW
Dass wir den Mut hatten, ein bürgerliches Korrektiv zu sein und uns – wo nötig – gegen das kommunalpolitische Harmoniebedürfnis zu stellen, ohne dabei in eine Fundamentalopposition zu verfallen, die gegen alles ist. Mit diesem kritisch-konstruktiven Politikstil konnten wir die Stromtrassen abwenden, das Landwirtschaftsamt in Stadtbergen halten oder den Bau des Gymnasiums in Gersthofen beschleunigen, obwohl die Mehrheit zunächst anders dachte.
Die hektische Anmietung privater Immobilien zur Flüchtlingsunterbringung ohne Rücksprache mit den Kommunen. Dadurch wurden wenigen Vermietern die Taschen voller Steuergeld gemacht, während Hunderte Ehrenamtliche in ihrer Freizeit und auf eigene Rechnung dafür sorgen, dass deren zweifelhaftes „Geschäftsmodell“sozial verträglich bleibt. Heute stehen nun manche Häuser leer, und ihre Vermieter kassieren immer noch – ein Bärendienst an der Integration.
Den wirtschaftlichen Boom in unserer Heimat zu gestalten, ohne ihre Ressourcen aufzubrauchen. Während sich Geld vermehren lässt, sind Flächen endlich. Wir müssen bezahlbaren Wohnraum sowie Arbeitsplätze schaffen und zeitgleich einen Verkehrsinfarkt verhindern. Es gilt, die dezentrale Energiewende zu meistern, ohne der heimischen Landwirtschaft ihre Existenz zu entziehen. Dazu braucht es kluge Entscheidungen über die nächste Wahl hinaus.
Harald Güller SPD
Für uns stehen die Menschen im Mittelpunkt. Deshalb sind bezahlbarer Wohnraum und Wohnungsbau wichtig. Der Landkreis muss seinen Beitrag leisten und möglichst viel bauen zu Preisen, die sich Normalverdiener und Menschen mit wenig Geld auch leisten können. 300 neue Wohnungen stehen in der „Vereinbarung zur Zusammenarbeit“mit der CSU. Diese Zahl übertreffen wir. Und wir wollen noch mehr erreichen, schon alleine wegen der Uniklinik brauchen wir mehr Wohnraum.
Ein Sozialticket wird schwierig zu realisieren sein, aber wir arbeiten daran, dass es bei einer neuen Tarifstruktur im AVV in abgewandelter Form seinen Niederschlag finden wird. Wir hatten uns die Idee eines Tickets für Menschen mit wenig Geld einfacher vorgestellt, doch wir geben nicht auf. Wir wollen die Realisierung, verbunden mit unseren anderen Zielsetzungen: guter und bezahlbarer ÖPNV für alle Bürgerinnen und Bürger im Landkreis!
Wir werden weiter viel Geld für Bildung ausgeben. Das belastet den Haushalt, ist aber mit das Wichtigste, was wir unseren Kindern für die Zukunft mitgeben können. Wir tragen mit Sanierung und Neubau von Schulen unseren Teil zur gesamten Bildungslandschaft bei. Populismus mit schnellen Spatenstichen bringt nichts, wir fordern Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das gilt für die Beruflichen Schulen in Neusäß und die Gymnasien in Gersthofen und Neusäß.
Ursula Jung Grüne
Beim Klimaschutz, ÖPNV und Radverkehr sowie beim Thema Schulen können wir, neben anderen Themen, Erfolge verzeichnen. Der personelle Ausbau des Klimaschutzes mit Klimaschutzmanagerin, Energieberatung an Schulen und Radverkehrsbeauftragten gehören dazu ebenso wie die Erstellung eines Radverkehrskonzeptes, zu dem wir den Anstoß gegeben haben. Die energetischen Standards an Schulen sind nur durch unsere steten Forderungen auf dem jetzigen Stand.
Mit konkreten Anträgen zur Asyl-, Wohnungs- und Integrationspolitik wurde leider oft nicht sachgerecht und ablehnend umgegangen. Sie werden verzögert in die Gremien gespielt und verlieren an Aktualität, und dann wird auch nur teilweise auf unser Anliegen eingegangen. Unser Antrag zur Errichtung einer erlebnispädagogischen Anlage am Berufsschulzentrum in Neusäß wurde trotz guter Vorbereitung abgelehnt wie auch die Informationsfreiheitssatzung und die Einrichtung eines Integrationsbeirats. Es ist ärgerlich, wenn gute Argumente mehrheitsbedingt vom Tisch gewischt werden.
Sicher wird die Integration der anerkannten Flüchtlinge eine der größten Herausforderungen darstellen. Dazu gehört ganz klar das Thema Mangel an günstigem Wohnraum für alle sozial Benachteiligten. Für unsere Zukunft ist nach wie vor wichtig: der Klima- und Gesundheitsschutz mit allen hier zuzuordnenden Unterthemen, wie auch die Weiterentwicklung der Uniklinik, soweit es in unsere Aufgaben fällt, und der weitere Ausbau des ÖPNV.
Manfred Buhl FDP/ÖDP
Als nachhaltigsten und größten Erfolg unserer Fraktion sehen wir die Zustimmung zu unserem Antrag, im Hinterhof des LRA die Sanierung des Parkdecks mit zusätzlichen Büroflächen zu verbinden. Die Bürger wünschen die Einrichtungen des Landratsamtes in einem Haus untergebracht zu wissen. Wir haben diese Bürgernähe von Anfang an unterstützt und dafür gekämpft. Dies schafft Synergien und ermöglicht rasche Umsetzungen. Verkehrliche und logistische Gründe werden damit optimal gelöst.
Wir sehen die Gefahr, dass die AVV-Tarifreform der größte Flop für Landkreise und Stadt Augsburg werden könnte. Der Zuschussbedarf wächst weiter, die Fahrgastzahlensteigerungen nur an einem Sparabo festzumachen ist zu kurz gesprungen, die außerordentlichen Verteuerungen werden die Menschen vom ÖPNV fernhalten, und der LKR wird damit sein gestecktes Klimaziel nicht erreichen. Weder Nahverkehrsplan noch Tarifreform wurden in der Tiefe ausdiskutiert und optimal gelöst.
Wir stehen zu Ausgaben des Bildungslandkreises. Allerdings müssen wir wirtschaftlichere Lösungen finden, um die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht zu überfordern. Es gibt hinsichtlich Planungen, Materialien, Ausstattung u. dgl. immer Alternativen, die wir besser ausloten müssen. Damit schaffen wir Freiräume für weitere wichtige Investitionen wie z. B. zu Punkt 1. Eile ist nie ein guter Berater, Planungen müssen konsequent im Vorfeld durchdacht sein.