Wie sauber arbeiten die Bäckereien?
Die Stadt hat von 2013 bis 2016 in sechs Betrieben Hygienemängel festgestellt. Um was es dabei ging und wie der Innungsobermeister die Situation einschätzt
In der Belegschaft der Friedberger Großbäckerei Ihle wusste man von der Gefahr, dass die Öffentlichkeit etwas von den Mängeln erfahren könnte, die amtliche Lebensmittelkontrolleure in Teilen des Betriebes entdeckt hatten. Damals, als die Fälle aktuell waren, sprach ein Mitarbeiter von einer „Bombe“, die hoffentlich nicht explodiere. Nun ist die Bombe doch hochgegangen. Die Organisation „Foodwatch“hat Missstände öffentlich gemacht, die es bis 2015 bei Ihle gab.
Auch in Augsburger Bäckereien gibt es immer wieder Verstöße gegen die Hygienevorschriften. Das bestätigte das Amt für Verbraucherschutz und Marktwesen auf Anfrage. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 stießen die Kontrolleure in sechs Backbetrieben auf Mängel. Acht Mal wurde ein Bußgeld verhängt. Die Bußgelder in den vier Jahren summieren sich insgesamt auf rund 18500 Euro. Aus der Höhe der einzelnen Bußgelder ergibt sich, dass die Verstöße unterschiedlich gravierend waren. Das niedrigste Bußgeld lag bei etwas über 300 Euro, die höchste Strafe wurde bei immerhin 9453,50 Euro festgesetzt.
In einem Fall war nach Auskunft der Behörde auch die Qualität der hergestellten Produkte betroffen. Die Prüfer fanden Metallspäne aus dem Abrieb einer Maschine auf der Unterseite von Broten. Ansonsten rügten die Kontrolleure unter anderem Schimmelpilzbefall, defekte oder fehlende Insektenschutzgitter sowie defekte oder unzureichende Beleuchtung. Es ging um defekte Geräte und Mängel wie verschmutzte Fußböden, Wände oder Geräte. „Vereinzelt“habe man in Backbetrieben auch „Schadnager- und Insektenbefall“festgestellt, teilt das Amt mit. Mängel habe es sowohl bei kleineren Bäckereien als auch bei größeren Backbetrieben gegeben.
Der Imageschaden für die Branche ist nach den Enthüllungen von Foodwatch jedenfalls nicht gerade klein. Peter Mück, Obermeister der Bäckerinnung Augsburg, ist daher auch alles andere als begeistert von den Hygienemängeln bei der Großbäckerei aus Friedberg – auch wenn sie nach Auskunft von Firmenleitung und Ämtern inzwischen behoben sind. „Das rückt unseren Berufsstand in ein schlechtes Licht“, befürchtet der 52-Jährige, der selbst eine Bäckerei in Lechhausen betreibt. Nicht immer seien große Bäckereibetriebe vom Hygienestandard gut eingestellt, sagt er. „Ein Kleinbetrieb ist da übersichtlicher. Da passiert so etwas eher nicht.“Sei eine Lieferung mit Schädlingen befallen, werde sie zurückgeschickt oder vernichtet.
In einem kleineren Betrieb sei es einfacher, einen Überblick über die Chargen zu behalten. Mück gibt ein Beispiel aus seiner eigenen Bäckerei. „Einmal war eine Lieferung Kürbiskerne aus dem Iran mit Motten befallen. Die wurde sofort weggeworfen.“Eine Großbäckerei verarbeite beispielsweise allein 400 Tonnen Mehl am Tag. In einer kleinen Bäckerei, wie seiner, sei es eine Tonne pro Woche. Zudem würden die Bäcker bei ihm selbst täglich zwei Stunden putzen. „In Großbetrieben kommen Putzkolonnen.“
Mück kann sich noch gut an den Hygieneskandal bei Müller-Brot Anfang 2012 und an die Verunsicherung der Kunden erinnern. Diese hätten damals ihn und seine Kollegen auf die Hygieneverhältnisse in den Bäckereien angesprochen. Damals rief die Bäckerinnung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auf. Diese Notwendigkeit sieht der Innungsobermeister jetzt nicht.
Einen ähnlichen Eindruck hat Tim Lubecki, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-GenussGaststätten (NGG) in Schwaben mit Sitz in Augsburg. Der Fall um Müller-Brot sei eine andere Hausnummer gewesen, sagt er. Ganz glücklich ist der Gewerkschafter mit der Art nicht, in der Foodwatch auf Hygiene-Mängel aufmerksam macht, die es etwa bei Ihle vor Jahren gab. So macht der Verein auch den Behörden den Vorwurf, schon früh davon gewusst, die Kunden der Bäckerei jedoch nicht informiert zu haben. Lubecki sagt, in der Haut der Entscheider möchte er nicht stecken. „Man muss sorgfältig abwägen, was man rauslässt und was nicht.“Es gehe auch um Arbeitsplätze, schließlich reagierten Verbraucher auf Hygienemängel erheblich sensibler als etwa auf schlechte Arbeitsbedingungen in einem Betrieb. Und die Friedberger Großbäckerei habe auf die Probleme in der Vergangenheit längst reagiert.
Innungsobermeister Mück betont, einen handfesten Hygieneskandal könne man sich vor allem als kleiner Betrieb nicht leisten. Eine Strafe von 10 000 bis 20 000 Euro sei für ein Großunternehmen nicht so schlimm, könne für einen Kleinbetrieb aber existenzgefährdend sein. Ein- bis zweimal im Jahr wird laut Mück seine Bäckerei kontrolliert. Zusätzlich hat er selbst eine Controlling-Firma beauftragt, die drei Mal im Jahr seinen Betrieb unter die Lupe nimmt. Das zahlt der Bäckermeister aus eigener Tasche. Neulich habe er zwei Motten in einer Falle gefunden. „Das ist aber gar nichts. Die sind wahrscheinlich nachts hereingeflogen.“
Die Zahl der backenden Betriebe in der Stadt hat sich übrigens in den vergangenen Jahrzehnten deutlich reduziert. Gab es 1956 nach Auskunft von Mück noch 248, sind es aktuell noch neun. Auch die größeren darunter würden auf größtem Hygieneniveau arbeiten, betont der Obermeister der Augsburger Bäckerinnung. »Kommentar
Im Jahr 2012 war die Verunsicherung groß