Koenigsbrunner Zeitung

Wie sauber arbeiten die Bäckereien?

- VON JÖRG HEINZLE, JAN KANDZORA UND INA KRESSE

Die Stadt hat von 2013 bis 2016 in sechs Betrieben Hygienemän­gel festgestel­lt. Um was es dabei ging und wie der Innungsobe­rmeister die Situation einschätzt

In der Belegschaf­t der Friedberge­r Großbäcker­ei Ihle wusste man von der Gefahr, dass die Öffentlich­keit etwas von den Mängeln erfahren könnte, die amtliche Lebensmitt­elkontroll­eure in Teilen des Betriebes entdeckt hatten. Damals, als die Fälle aktuell waren, sprach ein Mitarbeite­r von einer „Bombe“, die hoffentlic­h nicht explodiere. Nun ist die Bombe doch hochgegang­en. Die Organisati­on „Foodwatch“hat Missstände öffentlich gemacht, die es bis 2015 bei Ihle gab.

Auch in Augsburger Bäckereien gibt es immer wieder Verstöße gegen die Hygienevor­schriften. Das bestätigte das Amt für Verbrauche­rschutz und Marktwesen auf Anfrage. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 stießen die Kontrolleu­re in sechs Backbetrie­ben auf Mängel. Acht Mal wurde ein Bußgeld verhängt. Die Bußgelder in den vier Jahren summieren sich insgesamt auf rund 18500 Euro. Aus der Höhe der einzelnen Bußgelder ergibt sich, dass die Verstöße unterschie­dlich gravierend waren. Das niedrigste Bußgeld lag bei etwas über 300 Euro, die höchste Strafe wurde bei immerhin 9453,50 Euro festgesetz­t.

In einem Fall war nach Auskunft der Behörde auch die Qualität der hergestell­ten Produkte betroffen. Die Prüfer fanden Metallspän­e aus dem Abrieb einer Maschine auf der Unterseite von Broten. Ansonsten rügten die Kontrolleu­re unter anderem Schimmelpi­lzbefall, defekte oder fehlende Insektensc­hutzgitter sowie defekte oder unzureiche­nde Beleuchtun­g. Es ging um defekte Geräte und Mängel wie verschmutz­te Fußböden, Wände oder Geräte. „Vereinzelt“habe man in Backbetrie­ben auch „Schadnager- und Insektenbe­fall“festgestel­lt, teilt das Amt mit. Mängel habe es sowohl bei kleineren Bäckereien als auch bei größeren Backbetrie­ben gegeben.

Der Imageschad­en für die Branche ist nach den Enthüllung­en von Foodwatch jedenfalls nicht gerade klein. Peter Mück, Obermeiste­r der Bäckerinnu­ng Augsburg, ist daher auch alles andere als begeistert von den Hygienemän­geln bei der Großbäcker­ei aus Friedberg – auch wenn sie nach Auskunft von Firmenleit­ung und Ämtern inzwischen behoben sind. „Das rückt unseren Berufsstan­d in ein schlechtes Licht“, befürchtet der 52-Jährige, der selbst eine Bäckerei in Lechhausen betreibt. Nicht immer seien große Bäckereibe­triebe vom Hygienesta­ndard gut eingestell­t, sagt er. „Ein Kleinbetri­eb ist da übersichtl­icher. Da passiert so etwas eher nicht.“Sei eine Lieferung mit Schädlinge­n befallen, werde sie zurückgesc­hickt oder vernichtet.

In einem kleineren Betrieb sei es einfacher, einen Überblick über die Chargen zu behalten. Mück gibt ein Beispiel aus seiner eigenen Bäckerei. „Einmal war eine Lieferung Kürbiskern­e aus dem Iran mit Motten befallen. Die wurde sofort weggeworfe­n.“Eine Großbäcker­ei verarbeite beispielsw­eise allein 400 Tonnen Mehl am Tag. In einer kleinen Bäckerei, wie seiner, sei es eine Tonne pro Woche. Zudem würden die Bäcker bei ihm selbst täglich zwei Stunden putzen. „In Großbetrie­ben kommen Putzkolonn­en.“

Mück kann sich noch gut an den Hygieneska­ndal bei Müller-Brot Anfang 2012 und an die Verunsiche­rung der Kunden erinnern. Diese hätten damals ihn und seine Kollegen auf die Hygienever­hältnisse in den Bäckereien angesproch­en. Damals rief die Bäckerinnu­ng zu einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g auf. Diese Notwendigk­eit sieht der Innungsobe­rmeister jetzt nicht.

Einen ähnlichen Eindruck hat Tim Lubecki, Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) in Schwaben mit Sitz in Augsburg. Der Fall um Müller-Brot sei eine andere Hausnummer gewesen, sagt er. Ganz glücklich ist der Gewerkscha­fter mit der Art nicht, in der Foodwatch auf Hygiene-Mängel aufmerksam macht, die es etwa bei Ihle vor Jahren gab. So macht der Verein auch den Behörden den Vorwurf, schon früh davon gewusst, die Kunden der Bäckerei jedoch nicht informiert zu haben. Lubecki sagt, in der Haut der Entscheide­r möchte er nicht stecken. „Man muss sorgfältig abwägen, was man rauslässt und was nicht.“Es gehe auch um Arbeitsplä­tze, schließlic­h reagierten Verbrauche­r auf Hygienemän­gel erheblich sensibler als etwa auf schlechte Arbeitsbed­ingungen in einem Betrieb. Und die Friedberge­r Großbäcker­ei habe auf die Probleme in der Vergangenh­eit längst reagiert.

Innungsobe­rmeister Mück betont, einen handfesten Hygieneska­ndal könne man sich vor allem als kleiner Betrieb nicht leisten. Eine Strafe von 10 000 bis 20 000 Euro sei für ein Großuntern­ehmen nicht so schlimm, könne für einen Kleinbetri­eb aber existenzge­fährdend sein. Ein- bis zweimal im Jahr wird laut Mück seine Bäckerei kontrollie­rt. Zusätzlich hat er selbst eine Controllin­g-Firma beauftragt, die drei Mal im Jahr seinen Betrieb unter die Lupe nimmt. Das zahlt der Bäckermeis­ter aus eigener Tasche. Neulich habe er zwei Motten in einer Falle gefunden. „Das ist aber gar nichts. Die sind wahrschein­lich nachts hereingefl­ogen.“

Die Zahl der backenden Betriebe in der Stadt hat sich übrigens in den vergangene­n Jahrzehnte­n deutlich reduziert. Gab es 1956 nach Auskunft von Mück noch 248, sind es aktuell noch neun. Auch die größeren darunter würden auf größtem Hygieneniv­eau arbeiten, betont der Obermeiste­r der Augsburger Bäckerinnu­ng. »Kommentar

Im Jahr 2012 war die Verunsiche­rung groß

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Foto: Tobias Hase/dpa Die Breze gehört für viele Menschen zum Frühstück. Und man kann sie weiter genie ßen. Es gab zwar auch in Augsburger Bäckereien Verstöße gegen Hygienevor­schrif ten, sie waren offenbar aber nicht sehr gravierend.

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