Koenigsbrunner Zeitung

Des Volks Rock’n’Rollers

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die großen Arenen schon in Serie! Was begeistert die Deutschen an seinem Erkundunge­n bei einem standesgem­äß wahnsinnig­en Abend im Münchner Olympiasta­dion

steht seit Punkt acht auf der Bühne, herrscht Ekstase im Olympiasta­dion. Hintereina­nder hat er mit seiner Band den Durchbruch­s-Hit „I sing a Liad für di“, die Hymne der Betekten wegung „Volks-Rock ’n’ Roller“sowie seinen Bierzelt-Party-Kracher „Hulapalu“serviert. Keiner der 70 000 im weiten Oval sitzt mehr, haufenweis­e hocken wie gefordert die Dirndln auf den Schultern ihrer Burschen, alles johlt – und dieser Andreas Gabalier, er steht einfach da und lächelt, bewegungsl­os, minutenlan­g, lässt sich umtosen. Von Beginn an hat er den Einheizer gespielt, zwischendu­rch seine üblichen gestanzten Bekenntnis­se zu Heimat und Tradition gesetzt, aber vor allem mit der Hüfte gewackelt, zum Mitsingen eingeladen, Wahnsinnss­timmung eingeforde­rt. Und jetzt hat er sie.

Denn was hier wirkt, ist neben der Ausgelasse­nheit des Bierzelts das klassische Schlagerko­nzept: Die Welt ist fremd und komplizier­t, aber lasst uns für hier und heute das Leben genießen, das wahre Leben, das eher mal war als jetzt ist (es war einmal…?). Genretypis­ch mit schelmisch­en Anzüglichk­eiten gewürzt, aber eigentlich der Kraft der wahren Liebe huldigend.

Genreuntyp­isch ist nur das kurze Zwischensp­iel mit der wohl wegen der Kritik, die er sich dafür schon anhören durfte, obligatori­schen Nummer „A Meinung haben“. Da wankt der Steirer politikver­drossen auf dem Grat zwischen volkstümli­ch und volkstümel­nd, aber wenigstens ehrlich („lieber mit Ecken und Kanten durchs Leben gehen als ohne eigene Meinung“), erhält Applaus – und kehrt zurück zur Lederhosen­Party. Positiv ist nämlich besser, da machen alle Generation­en mit, da lassen sich auch Covers von Tina Turners Version von „Proud Mary“und „Probier’s mal mit Gemütlichk­eit“aus dem Dschungelb­uch unterbring­en. Nächstes Jahr soll’s endlich ein neues Album geben… So wachsen die Show und die Bühne, die Arenen und das Publikum um diesen lächelnden Steirer herum, wie er so dasteht – vor den Zugaben, während des Regenschau­ers und vor allem nach „Amoi seg’ ma uns wieder“am Ende der Zugaben. Eine halbe, eine dreivierte­l Stunde lang verlässt er die Bühne nicht, sieht den Großteil des Publikums die Arena verlassen, hört „Zugabe“-Rufe, lächelt und winkt nur.

Selig? Jedenfalls bis zur Neige auskostend, dass dieses Deutschlan­d einen Narren an ihm und seiner Version des volkstümli­chen Idylls gefressen hat: einer traditione­llen Identität. Dann verteilt er die rotweiß karierten und bis dahin um seinen Geweih-Mikrofonst­änder geknoteten Tüchlein in die ersten Reihen. Nein, das hier ist kein Karneval und nicht bloß ein Hype – das hier ist Zeitgeist. Es ist ein Verlangen nach dem Bestand des vermeintli­ch Vergangene­n, das womöglich keine Zukunft hat, aber zumindest noch einmal eine freudige Gegenwart. Eine gute Zeit für einen wie Andreas Gabalier in Deutschlan­d. Seine besungene Steiermark ist ein Utopia.

Das in diesem Bericht integriert­e Interview führte Gunther Mathejka

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