Kennen Sie noch den George Clooney der 50er? Woisch no
Im Kino konnte man herrlich „bussieren“und Filme gucken, die gar nicht für Kinder vorgesehen waren. Welche Vorführungen einen schaudern machten – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen
Das erste optische Vergnügen in den 50er Jahren servierte uns nicht das Fernsehen, sondern das Kino. Und ohne Übertreibung kann man sagen, dass Augsburg zu dieser Zeit eine opulente Kinostadt war.
Allein in Oberhausen – wo der Autor aufwuchs – gab es vier Kinos: Filmburg, Bambi, Scala und nicht zuletzt das Hubertus Kino, das jeder nur „Bemberle“nannte. Das „Bemberle“befand sich in der Kiesowstraße, in der Nähe von St. Joseph. In der Nähe wohnten auch meine Großeltern.
Da sah ich als sechsjähriger Knirps die ersten Filme. Insbesondere erinnere ich mich an die Schwarz-weiß-Verfilmung von „Moby Dick“.
Für einen Sechsjährigen ein gruseliger Film. Als einer der Matrosen (ich glaube, gespielt von Anthony Quinn) in einen selbst gebastelten Sarg stieg und darin mit Knochen würfelte, um sein Schicksal vorherzusehen, habe ich mich wahrscheinlich eng an meinen Großvater gedrückt.
In den 50er und 60er Jahren waren die Autonomie und die Bedeutung der einzelnen Stadtteile größer als heute. Das galt auch für die Kinolandschaft – in Lechhausen die „Schauburg“, in Haunstetten das „Drei-Mäderl-Haus“, im Hochfeld das „Regina“, in Göggingen die „Lichtspiele“, im Bärenkeller das „Adria“und das „Roxy“und in Kriegshaber das „Luxor“.
Da wir ab 1956 in Steppach wohnten, war das „Luxor“jeden Sonntag, Jugendvorstellung 14 Uhr, das, worauf ich mich die ganze Woche gefreut habe. Zusammen mit Brigitte, meiner Sandkastenfreundin aus dem Block, marschierte ich jeden Sonntag nach dem Mittagessen nach Kriegshaber.
Einmal, so erinnere ich mich, wollten wir eine Folge der FuzzyFilme anschauen („Fuzzy – 5 Pistolen ziehen gen Westen“), da riss nach zehn Minuten der Film. Die Betreiber des Kinos wollten die 50 Pfennig Eintritt nicht zurückzahlen und führten den Kindern im Saal einfach den Abendfilm vor. Der war mit Brigitte Bardot und hieß „Und ewig lockt das Weib“. So konnten sich meine Eltern wenigstens einen Teil der Aufklärung sparen. Am populärsten waren damals die Schlagerund Musikfilme. Besonders mochte ich die Musikfilme mit Freddy Quinn und nahm mir damals vor, auch einmal zur See zu fahren. Aber außer einer Dampferfahrt auf dem Ammersee ist es beim Wunsch geblieben.
Die Darsteller dieser Musikfilme waren immer dieselben: Conny, Sabine Sinjen, Vivi Bach, Hubert von Meyerinck, Olga Tschechowa, Rudolf Prack und Claus Biederstaedt – Letzterer der George Clooney der 50er Jahre. Auch die Handlungen ähnelten sich: Sabine Sinjen fuhr mit dem Motorroller zum Wörthersee und hatte eine Panne. Da kam Claus Biederstaedt mit dem Käfer Cabrio des Wegs und reparierte den Roller an Ort und Stelle. Sabine Sinjen stellte sich in einem Hotel als Rezeptionistin vor und wer war der Juniorchef des Hotels? Natürlich Claus Biederstaedt! Auch Lieselotte Pulver (Piroschka) und Ruth Leuwerik („Die Trapp-Familie“) waren die Heroinen des frühen Kinozeitalters.
Zwischen Oberhausen und der Stadt befand sich das „Emelka“. Wunderbares Kino mit Balkon, von dem aus man nicht nur eine tolle Sicht auf die Leinwand hatte, sondern worauf es sich auch wunderschön „bussieren“ließ. Zudem befanden sich im „Emelka“eine Tischtennisplatte und der legendäre Erdnussbagger. In Letzteren warf man ein „Zehnerle“und dann musste man mit Geschick so viele Erdnüsse wie möglich herausbaggern. Natürlich hatte auch die Innenstadt eine Vielzahl an Kinos: „Capitol“, „Tivoli“, „Lulli“, „Rex“und der mondäne „Filmpalast“, der bei Filmpremieren illustre Gäste wie Romy Schneider einlud.
Im „Filmpalast“lief 1967 der Aufklärungsfilm „Helga“(angeblich eine Frau aus Haunstetten). In „Helga“war – von Hildegard Knefs „Sünderin“abgesehen – zum ersten Mal eine Frau völlig nackt zu sehen.
Das war auch noch die Zeit, als selbstgemalte Werbeschilder über den Kinoeingängen hingen und an der Kasse fast jeder ein Programmheft erwarb. Und vor dem eigentlichen Film kam „Fox tönende Wochenschau“und danach fragte eine Dame, wer Eis wolle und erst dann wurde es ganz dunkel. Viel ist nicht mehr geblieben von dieser Kinoherrlichkeit … Das Eis noch – und die Dunkelheit...