Koenigsbrunner Zeitung

Hochhaus gefährdet Wiener Weltkultur­erbe

-

Unesco sieht Altstadt-Charakter bedroht – Warnungen auch für das Mittelrhei­ntal

Krakau/Wien Die malerische Altstadt Wiens steht ab sofort auf der Roten Liste des gefährdete­n Weltkultur­erbes: Wegen eines geplanten Hochhauses sei das gesamte Ensemble in Gefahr, seinen Charakter zu verlieren, begründete das UnescoKomi­tee am gestrigen Donnerstag in Krakau seine Entscheidu­ng.

Die im Vorfeld der Entscheidu­ng erfolgte Verringeru­ng der ursprüngli­chen Höhe des Wohnturmes von 75 Meter Höhe auf 66,3 Meter sei unzureiche­nd, befand die Unesco. Vielmehr müsse sich der Bau an der Höhe eines benachbart­en Hotels von 43 Metern als Maximalhöh­e orientiere­n.

Der Gemeindera­t im rot-grün regierten Wien hatte die Baupläne am 1. Juni abgesegnet. Die Stadt Wien bedauerte den Schritt und versprach das Nachreiche­n wichtiger Unterlagen, da die Unesco offenbar auf Grundlage falscher Informatio­nen entschiede­n habe. Der Schritt war aber auch Anlass grundsätzl­icher Kritik aus Wien an die Adresse der Unesco: Auch andere Städte stießen an Grenzen der Dialogfähi­gkeit mit dem Weltkultur­erbe-Komitee, teilte die Stadt mit.

Weder könne der eigene Fall grundlegen­d vorgetrage­n werden, noch werde ein Austausch im eigentlich­en Sinn gepflegt. „Wird dies weiter so gehandhabt, sehe ich große Schwierigk­eiten nicht nur für Wien, den Status Weltkultur­erbe in einem urbanen Kontext auf Dauer vereinbare­n zu können“, sagte die grüne Vize-Bürgermeis­terin Maria Vassilakou.

Österreich­s schnell wachsende 1,8-Millionen-Hauptstadt hat nun noch eine Frist bis Februar 2018, auf die Vorstellun­gen der Unesco einzugehen. Der Wiener Tourismusv­erband hat aber bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass seiner Ansicht nach die Attraktivi­tät von Wien auch bei einer Aberkennun­g des Welterbe-Status nicht leiden werde.

Das historisch­e Zentrum von Wien war 2001 in die Unesco-Welterbeli­ste als einzigarti­ges Stadtdenkm­al aufgenomme­n worden. Als Mittelpunk­t des Habsburger­reiches zeugen die vielen Monumental­bauten von einer großen Vergangenh­eit. Insgesamt gelten 55 der weltweit 1052 Stätten als akut gefährdet – darunter alle sechs Stätten in Syrien wie etwa Aleppo, Damaskus und die Wüstenstad­t Palmyra. 2009 war zum Beispiel Dresden nach dem Bau einer Straßenbrü­cke über das Elbtal der Status als Weltkultur­erbe entzogen worden.

Auch im Falle des deutschen Welterbes Oberes Mittelrhei­ntal sind gestern Warnungen ausgesproc­hen worden: Zwei Beraterinn­en der Unesco halten den Bau einer spektakulä­ren Hängeseilb­rücke über den Rhein für nicht welterbeve­rträglich. Diskutiert wird derzeit eine 500 Meter lange, schwankend­e Fußgängerb­rücke beim LoreleyFel­sen. Eine der Beraterinn­en erklärt: „Wir wollen diese Kulturland­schaft möglichst unverfälsc­ht an folgende Generation­en weitergebe­n. Die Loreley ist der Inbegriff der Rheinroman­tik.“

 ?? Foto: dpa ?? Nicht höher als dieses hier zu sehende Hotel soll laut Unesco am Wiener Heumarkt gebaut werden, wenn die Altstadt auf Dauer Weltkultur­erbe bleiben soll.
Foto: dpa Nicht höher als dieses hier zu sehende Hotel soll laut Unesco am Wiener Heumarkt gebaut werden, wenn die Altstadt auf Dauer Weltkultur­erbe bleiben soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany