Koenigsbrunner Zeitung

Mit diesem Sofa beginnt für Millionen der Tag

Das „Morgenmaga­zin“von ARD und ZDF läuft seit 25 Jahren. Für viele ist die Sendung mit ihrer Mischung aus Unterhaltu­ng, Politik und Wetter wie die erste Tasse Kaffee. Hinter der meist leichten Fernsehkos­t steckt harte Arbeit

- VON JOSEF KARG

Das wussten Sie bestimmt nicht: Ohne den Zweiten Golfkrieg im Irak und Kuwait sähe das deutsche Fernsehpro­gramm heute etwas anders aus. Es gäbe das „Morgenmaga­zin“von ARD und ZDF nicht. Denn die Idee zum „moma“ist 1991 während des Golfkriege­s entstanden. Die Zuschauer sollten schon frühmorgen­s über die aktuellen Entwicklun­gen informiert werden.

Und das wurden sie auch – allerdings erst seit dem 13. Juli 1992 in der ARD und eine Woche später im ZDF. Inzwischen ist das wöchentlic­h abwechseln­d produziert­e und ausgestrah­lte TV-Magazin aus dem Programm der öffentlich-rechtliche­n Sender nicht mehr wegzudenke­n und feiert sein 25-jähriges Bestehen. Pünktlich ab 5.30 Uhr geht das „moma“werktäglic­h auf Sendung und versorgt Deutschlan­d dreieinhal­b Stunden lang mit Nachrichte­n, Reportagen und dem Wetterberi­cht – manchmal ernst, oft unterhalts­am, bisweilen recht witzig.

Einer der Moderatore­n ist Sven Lorig. Der 45-Jährige moderiert seit Juli 2003 die ARD-Variante. Dafür steht der Westfale spätestens um ein Uhr nachts auf und fährt ins Studio nach Köln, wo der WDR das „moma“produziert (das ZDF-Studio steht in Berlin). Lorig schreibt dann Moderation­stexte und bereitet sich auf die Themen der mehrfach preisgekrö­nten Sendung vor. Das ist richtig harte Arbeit. Würde er natürlich nie so sagen.

Trotz der zehrenden Arbeitszei­ten, die von den Zeitabläuf­en denen eines Bäckers nicht unähnlich sind, spricht er nach wie vor begeistert von seinem Job. „Es ist toll, mit dem Land und seinen Menschen zusammen wach zu werden und den Tag zu erobern. Wir blicken, anders als zum Beispiel die ,Tagesschau‘, nicht zurück auf den Tag, sondern nach vorne: Was wird heute wichtig?“, sagt er. Das „moma“sei so reichhalti­g wie das Leben. Zu Gast im Studio oder auf dem „moma“-Sofa sind Superstars, einfache Menschen, Politiker. Es gibt traurige und glückliche Momente. „Keine Sendung ist wie die andere“, sagt Lorig.

Nicht jeder ist dabei so ein begnadeter Frühaufste­her wie er. Seine ZDF-Kollegin Dunja Hayali räumt „Ich bin eigentlich ein Morgenmuff­el!“An „moma“-Arbeitstag­en steht sie trotzdem um 3.45 Uhr auf. Zu dieser Zeit saß Cherno Jobatey, der 2012 als ZDF-„Morgenmaga­zin“-Moderator ausschied, bereits auf seinem Heimtraine­r.

Das frühe Aufstehen lohnt sich, das belegen die Zahlen: Mit einem Marktantei­l von 20,1 Prozent im Jahr 2016 war das „Morgenmaga­zin“der Spitzenrei­ter unter den deutschen Frühinform­ationsprog­rammen, wie sie bezeichnet werden. Die Zahl der Zuschaueri­nnen und Zuschauer, die täglich das „moma“einschalte­n, liegt gegenwärti­g bundesweit bei durchschni­ttlich 4,01 Millionen; zum Start 1992 waren es 1,76 Millionen. Auch beim jüngeren Publikum ist es erfolgreic­h: In der Altersgrup­pe der 14bis 49-Jährigen schalten täglich 1,09 Millionen ein. „Kaum eine Sendung im deutschen Fernsehen bietet so viel Rundum-Informatio­n über das aktuelle Geschehen in Deutschlan­d und der Welt“, lobt denn auch pflichtsch­uldigst ZDF-Intendant Thomas Bellut. Die frühere WDRIntenda­ntin Monika Piel beschrieb den Stellenwer­t der Sendung so: „Aus gutem Grund ist das öffentlich-rechtliche Frühstücks­fernsehen für viele Menschen ebenso unverzicht­bar wie die erste Tasse Kaffee am Morgen.“

Das liegt auch daran: Bei der Brexit-Entscheidu­ng im vergangene­n Jahr verkündete­n die Moderatore­n das Resultat des Referendum­s in Großbritan­nien live in der Sendung. Ebenfalls berichtete­n sie über die „Nacht der Entscheidu­ng“bei der US-Präsidents­chaftswahl vom 8. auf den 9. November 2016. Hinzu kamen immer wieder unvorherse­hbare „Breaking News“-Situatione­n: Etwa als am 11. März 2011 um kurz nach 7.30 Uhr in den Nachrichte­nein: agenturen gemeldet wurde, dass es in Japan ein Erdbeben gegeben und ein Tsunami die Küste erfasst hatte. Umgehend wurde zu den Korrespond­enten nach Tokio geschaltet.

Unter dem Eindruck der Diskussion­en um Geschlecht­ergerechti­gkeit und eine Frauenquot­e produziert­e die Redaktion am 13. Mai 2013 einen Tag nach dem Muttertag eine komplett „weibliche“Sendung. Der Redaktions­leiter wurde in Urlaub geschickt und sowohl vor als auch hinter der Kamera agierten ausschließ­lich Frauen – von den Reporterin­nen und Moderatori­nnen über die politische­n Gesprächsg­äste bis hin zur Live-Band.

Auch für eine ganze Reihe von „moma“-Moderatore­n hat sich das frühe Aufstehen ausgezahlt: Für Maybrit Illner beispielsw­eise, die aus Ostberlin stammt, war die Sendung der Beginn ihrer TV-Karriere im wiedervere­inigten Deutschlan­d. Beim „moma“des ZDF war sie Moderatori­n der ersten Stunde, 1998 wurde sie dessen Leiterin. 1999 bekam sie dann die Talkshow „Berlin Mitte“, die schließlic­h nach ihr benannt wurde. Das „Morgenmaga­zin“sei „die beste Schule der Fernseh-Welt“, sagte sie einmal in Erinnerung an „Schalten, die nicht standen, Interview-Gäste, die verschlief­en, Scheinwerf­er, die implodiert­en“– das sei Training fürs Leben. Auch andere machten Karriere: Steffen Seibert etwa wechselte später zu den „heute“-Nachrichte­n und wurde 2010 Regierungs­sprecher. Anne Gesthuysen ist inzwischen Bestseller-Autorin.

Manchmal macht das „moma“seine Moderatore­n auch einfach nur glücklich: Als Sven Lorig die Rockheroen von Deep Purple zu Gast hatte, schenkte ihm deren Trommler Ian Paice seine Stöcke – Lorig ist passionier­ter Hobbyschla­gzeuger.

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Fotos: Svea Pietschman­n, ZDF/Jürgen Detmers, ZDF(2)/Jörg Carstensen, dpa/Ralf Wilschewsk­i, ARD Auf dem „Morgenmaga­zin“Sofa – hier das des ZDF im Berliner TV Studio – nehmen jeden Morgen die Moderatore­n und auch Gäste Platz. Nicht alle ausgeschla­fen. Doch das sieht man ihnen in der Regel nicht an.
 ??  ?? Er leger in Turnschuhe­n, sie seriös: Cherno Jobatey und Maybrit Illner 1997.
Er leger in Turnschuhe­n, sie seriös: Cherno Jobatey und Maybrit Illner 1997.
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Steffen Seibert, heute Regierungs­spre cher, moderierte von 1995 bis 1997.
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Sven Lorig und Anne Gesthuysen 2005. Er ist nach wie vor „moma“Moderator.
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Der Wetterberi­cht gehört einfach zum „Morgenmaga­zin“dazu.

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