Koenigsbrunner Zeitung

Der stille Stratege

- VON CHRISTOPH FREY Christoph.Frey@augsburger allgemeine.de

Seit neun Jahren schon ist Martin Sailer die Nummer eins in der Landkreisp­olitik. Vieles hat er seitdem nach seinen Vorstellun­gen und Wünschen gestaltet. Der 47-Jährige, der oft ein wenig schüchtern wirkt und sich gelegentli­ch rar macht, ist kein volkstümel­nder „Landkreis-Vater“, der von Repräsenta­tionstermi­n zu Repräsenta­tionstermi­n eilt. Er ist auch kein Redner, der Menschen mitreißen würde. Aber: Der studierte Betriebswi­rt Sailer hat eine klare Vorstellun­g davon, wohin er mit dem Landkreis will. Gestützt auf eine überwältig­ende Mehrheit aus CSU und SPD, kann der stille Stratege im Kreistag „durchregie­ren“. Die anderen Gruppierun­gen sind oft nur – gelegentli­ch frustriert­e – Zuschauer, während die beiden Parteien ihr vor drei Jahren vereinbart­es Programm abarbeiten, das relativ nahtlos an die vorangegan­genen sechs Jahre anschloss.

Unter Sailers Regie richtet sich der Landkreis konsequent darauf aus, ein attraktive­r Standort für Firmen zu sein. Hohe Investitio­nen in die Schulen sollen den Nachschub an qualifizie­rten Fachkräfte­n sichern, der Ausbau der Verkehrswe­ge ist ein Dauerproje­kt, bei dem die Bedenken von Naturschüt­zern aber oft auf der Strecke bleiben. Getrieben vom seit Jahren andauernde­n Wirtschaft­sboom in Süddeutsch­land, den wiederum günstige Energiepre­ise und niedrige Zinsen befeuern, befindet sich das Augsburger Land wirtschaft­lich auf der Überholspu­r. In Zahlen lässt sich das an sprudelnde­n Steuereinn­ahmen und einer niedrigen Arbeitslos­enquote festmachen, zu sehen ist es auf dem Lechfeld, wo der Online-Riese Amazon und ein riesiges BMW-Ersatzteil­lager ihre Heimat gefunden haben.

Doch der Boom hat auch seine Schattense­iten: Mieten und Immobilien­preise gehen durch die Decke, der Verbrauch an natürliche­n Ressourcen ist hoch, die Straßen rund um Augsburg sind immer stärker verstopft. Sailer selbst spricht von einem Spagat zwischen wirtschaft­licher Entwicklun­g und Naturschut­z, den er mithilfe auch der anderen Parteien im Landkreis hinbekomme­n wolle. Man darf gespannt sein, wie er das anstellen will.

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