Nicht jeder Nachbar ist wirklich nett
Drogensüchtiger zieht eine 78-Jährige über den Tisch
Stadtbergen Der nette Nachbar von nebenan entpuppte sich als Gauner: Das Vertrauen einer 78-jährigen Frau aus Stadtbergen hat ein 32-jähriger Mann gründlich ausgenutzt. Zweimal lieh er sich Geld von der Frau und bediente sich dann heimlich an ihrer Geldkassette. Es kam noch dreister: Seine Schulden beglich der Mann mit einem falschen 200-Euro-Schein.
Der Schein bestand aus zwei aneinandergeklebten Hälften, auf die der Schriftzug „Fake“– also Fälschung – gedruckt war. Der Enkel bestätigte seiner Oma, dass der Schein nicht einmal das Papier wert ist, auf dem er gedruckt ist. Und er brachte den Prozess ins Rollen, der am Amtsgericht in Augsburg verhandelt wurde.
Für den 32-Jährigen war es nicht das erste Mal, dass er sich vor Gericht verantworten musste: Diebstahl, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Besitz von Betäubungsmitteln, Betrug und Unterschlagung brachten ihm immer wieder Strafen ein. Zuletzt saß er über vier Jahre im Gefängnis.
Die Zeit in Haft hielt den damals drogensüchtigen Mann nicht davon ab, die alte Dame über den Tisch zu ziehen. Laut Anklage klingelte der 32-Jährige im Mai 2016 an ihrer Tür und fragte, ob sie ihm nicht 50 Euro leihen könnte. Die gutmütige Seniorin gab ihm das Geld. Doch damit nicht genug: Wenige Tage später erschien der junge Mann wieder und bat erneut um Geld. Diesmal sollten es 20 Euro sein. Wieder holte die ältere Frau das Geld aus einer Kassette, in der sich insgesamt 400 Euro befanden.
Die Frau übergab den Schein in ihrer Wohnung. Der Nachbar verabschiedete sich und sagte, dass er allein zur Haustüre gehe. Doch stattdessen schlich er zur Geldkassette. Und griff zu. Die fußkranke Seniorin stutzte, als sie ihn aus dem Zimmer kommen sah, wo sich ihr Bargeld befand. Er entgegnete nur, dass man sich in ihrer Wohnung verlaufen könne. Die Seniorin merkte, dass etwas nicht stimmte, und schaute nach der Geldkassette. Den Verlust entdeckt, ging sie zur Wohnung ihres Nachbarn und stellte ihn zur Rede. Er stritt alles ab. Wenige Tage später zahlte er seine Schulden zurück – mit dem gefälschten Schein.
Gegenüber der Polizei stritt der Mann alle Vorwürfe ab. Vor Gericht zog er jedoch die Notbremse und räumte alles ein. Was er der Seniorin angetan habe, sei „unterste Schublade.“Er habe versucht, sich bei der Frau zu entschuldigen und Kontakt mit ihr aufzunehmen, um das Geld zurückzuzahlen.
Aber die Frau habe verständlicherweise nicht geantwortet. Nach dem Diebstahl habe er auch eine Langzeittherapie absolviert, um seine Sucht in den Griff zu bekommen. Die Hilfsorganisation, bei der er sich mehrere Monate in eine Wohngemeinschaft integrierte, lobte ihn in den höchsten Tönen: Der Mann sei äußerst diszipliniert, willig und wissbegierig. Er habe sich rundherum verändert. Sein christlicher Glaube habe ihm geholfen, sich umzuorientieren. Vor Gericht bekannte er: „Meine Vergangenheit war reines Chaos.“
Er habe seit der erfolgreichen Therapie begonnen, sein Leben zu klären. Er übernimmt Verantwortung für seine kleine Tochter und bringt auch seine Beziehung wieder in Ordnung. Aktuell habe er auch zwei Jobangebote.
Die Richterin Kerstin Wagner stellte ihm trotz seiner kriminellen Vorgeschichte eine günstige Sozialprognose aus und verurteilte ihn zu einer einjährigen Freiheitsstrafe – ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem muss der Mann noch 100 Stunden gemeinnützige Hilfsdienste leisten.