Rote Insel im schwarzen Meer
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz war gestern auch in Kösching. Wie einst Gerhard Schröder
Ingolstadt/Kösching Die Freiwillige Feuerwehr Kösching rettet, was zu retten ist. Und Martin Schulz zeigt sich angemessen beeindruckt von dem Übungsmanöver. Der SPDVorsitzende und Kanzlerkandidat ist seit gestern auf Sommerreise in Bayern. Sie beginnt im Ingolstädter Audi-Werk und führt ihn später auch in die kleine Marktgemeinde im Landkreis Eichstätt. Eine SPDHochburg, die „rote Insel im schwarzen Meer“, zitiert Schulz und blickt zur Ersten Bürgermeisterin, eine Genossin.
Schulz will in diesen Tagen retten, was noch zu retten ist. Und angesichts der Umfragewerte für die Bundestagswahl im September zeugt es von robust guter Laune, dieses Aufholmanöver ausgerechnet im Freistaat zu beginnen. Bei etwa 25 Prozent liegt seine Partei derzeit im Bund. In Bayern sind es noch weniger.
Dem Kandidaten merkt man den Rückstand allerdings nicht an. Schulz tritt angriffslustig auf, als er in Seehofers Heimatstadt aus dem Auto steigt. Er verteidigt Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der ist seit den heftigen Krawallen vor und während des G20-Gipfels unter großem Druck. Schulz sagt, die Debatte, die nun von der „dritten Garnitur“der Unions-Politiker geführt werde, sei geprägt von „kleingeistigen Scharmützeln“. Die Schuldzuweisungen politischer Art seien „wirklich dumm“. Schulz verurteilt die „marodierenden Banden, die da durch Hamburg gezogen sind“. Diese könnten für sich „keinerlei politi- sche Legitimation in Anspruch nehmen“. Schulz: „Das hat Züge von Terrorismus und ich hoffe, dass die Demokraten da zusammenstehen.“Die SPD auch nur in die Nähe dieser Leute zu stellen, beleidige seine Partei „zutiefst“. Auch der SPD-Chef fordert eine EU-Datenbank für Extremisten. Der Austausch der Behörden müsse sich verbessern, damit „diese Kriminellen“nicht so durch Europa ziehen könnten. Die Botschaft, die Schulz in Kösching und Ingolstadt aussenden möchte: Auch die SPD kann innere Sicherheit.
Ob das die Arbeiter im AudiWerk zwischen den Robotern oder die Köschinger auf ihrem Marktplatz tatsächlich interessiert? Die, die da sind, wollen Schulz sehen, ein Selfie machen, schauen, wie sich der Ex-Bürgermeister aus Würselen so gibt. Sie wollen wissen, ob ihm Leberkäs schmeckt, wie er mit dem Feuerwehrkommandanten redet, ob er Handschlag und kumpeln kann.
Schulz kann Straßenwahlkampf. Er spricht die Ehrenamtlichen an, die Helfer, die in den Sportvereinen, die, die sich für Flüchtlinge engagieren. Menschen, so Schulz, die nicht in den Medien vorkämen, die aber „den Laden in unserem Land am Laufen halten“. Für solche Sätze gibt es Applaus.
Danach geht es zurück in die Zukunft. Auch Altkanzler Gerhard Schröder war seinerzeit auf dem Weg zur Macht in Kösching gewesen. Auch Schröder besuchte die rote Insel. Schulz sagt also: „Es ist noch kein SPD-Kandidat Kanzler geworden, der nicht in Kösching war. Ein erster Schritt ins Kanzleramt ist getan.“