Sie bereitet Fußballern den Boden
Barbara Sedlmeir wurde als erste Frau in Deutschland von der IHK als Sachverständige für den Sportplatzbau vereidigt. Die 47-Jährige kennt die Rasen-Geheimnisse der Allianz-Arena
Mering Barbara Sedlmeir kommt manchem Fußballplatz näher als die größten Fans. Die 47-Jährige aus Mering im Landkreis AichachFriedberg ist Rasengutachterin und seit kurzem als einzige Frau in ganz Deutschland von der IHK öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige im Sportplatzbau. Ihr fachlicher Rat war schon in der Augsburger WWK-Arena und der Münchner Allianz-Arena gefragt.
Gerade wenn es nicht rund läuft, kann es auf Baustellen emotionaler zugehen. Dort ist Barbara Sedlmeir oft die einzige Frau. Einschüchtern lässt sie sich jedoch schon lange nicht mehr. Die Rasen-Expertin versucht immer ruhig und sachlich zu bleiben. Sie geht nicht vorschnell in die Defensive. Frauen neigten dazu, sich zu rechtfertigen, auch wenn sie nichts falsch gemacht haben, sagt sie. Doch Vorbehalte bleiben die Ausnahme. Sedlmeir hat die Erfahrung gewonnen: „99 Prozent der Männer freuen sich, wenn eine Frau auf die Baustelle kommt.“
Eher zufällig hat es die Meringerin in die Männerdomäne verschlagen. Ursprünglich studierte sie Landschaftsarchitektur und wollte beruflich Gärten anlegen. Doch bei ihrer Diplomarbeit über begrünte Straßenbahn-Rasengleise – mit solchen Anlagen zählte Augsburg damals zu den Pionieren – lernte sie den Stadtberger Georg Armbruster kennen. Er führt ein Sachverständigenbüro für Freisportanlagen. Als dort eine Stelle frei wurde, wechselte Barbara Sedlmeir vor 17 Jahren die Branche und hat es nicht bereut.
Das Büro berät und erstellt Bodenuntersuchungen für den Bau von Fußballarenen, Laufbahnen oder Golfplätzen. Das liegt der Rasen– Expertin, die auf einem Bauernhof aufgewachsen ist: „Ich hab den Boden gern in der Hand. Das war von klein auf so.“Heute schaut Sedlmeir genauer hin: Sie zerlegt im Labor Proben in alle Bestandteile, prüft, wie schnell das Wasser hindurchsickert oder wie stark sich der Untergrund zusammenpressen lässt.
Jede Sportanlage stellt andere Anforderungen an den Boden. Einiges zu tun hatte die Rasen-Fachfrau, als der FC Augsburg das Nachwuchsleistungszentrum an der Donauwörther Straße erneuert hat. Im Untergrund kamen etliche Altlasten zum Vorschein, die abgetragen und entsorgt werden mussten. Solche Auffüllungen sind ein großes Problem, wenn sie nicht vor dem Bau entdeckt werden. Denn sie machen den Boden instabil. „Das haben wir aber beim FCA gut in den Griff gekriegt“, sagt die Expertin.
Andere Herausforderungen hatte Sedlmeir in der Augsburger WWKArena zu meistern. „In den modernen Stadien sind die Verhältnisse für den Rasen extrem schwierig. Die meisten sind komplett umschlossen, Licht und Durchlüftung sind problematisch“, sagt sie. Dort gelte es für den Gutachter, den optimalen Bodenaufbau für die Situation und für das Rasensystem zu schaffen. „Das A und O ist, dass das Wasser schnell wegkann“, erklärt die Rasen-Spezialistin.
Gerade die Profi-Vereine der Bundesliga arbeiten mittlerweile häufig mit Hybridrasen, bei dem Kunststofffasern in die Rasentragschicht implantiert oder zugesetzt werden. Das macht den Rasen stabiler, aber die Pflege ist aufwendiger.
Und was war das für ein Rasen, den Sedlmeir bei ihrem Auftrag in der Allianz-Arena mitangelegt hat? Das verrät die Expertin natürlich nicht. Denn oft ist das Grün eines Stadions ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis. Wenn eine RasenAnlage fertig ist, können ihr vor allem zwei Faktoren zusetzen: Neben extremem Wetter nennt die RasenSachverständige „menschliches Versagen“. So düngte einmal ein Helfer einen Fußballrasen. Das tat er mit guter Absicht, doch dass sein Traktor tiefe Fahrspuren hinterließ, merkte er erst im Nachhinein.
Kunststoffplätze sind besonders anfällig, während das Granulat aushärtet: „Das haben wir auch schon erlebt, dass von nebenan der Ball reinflog und die Kicker kamen, um ihn zu holen – und zwar nicht nur einer, sondern fünf“, erinnert sich Barbara Sedlmeir. Danach sei der Platz ruiniert gewesen.
Oft ist aber nicht so eindeutig, wer bei Schäden an einer Sportanlage schuld ist. Hat eine der Baufirmen gepfuscht oder der Auftraggeber bei der Instandhaltung und Pflege? Als öffentlich bestellte Sachverständige tritt Barbara Sedlmeir in solchen Fällen künftig auch als Gutachterin vor Gericht auf. Und eine weitere Herausforderung wartet auf sie: Zum Jahresende übernimmt sie das Sachverständigenbüro ihres Chefs.