Bissige Miezi?
Beinahe hätte eine Katze vor Gericht zu einer Gegenüberstellung antreten müssen
Ingolstadt Die Katze wartete artig vor dem Sitzungssaal, und dabei spielte sie drinnen die Hauptrolle: Hat sie die Nachbarin nun gebissen oder nicht? Vor dieser Frage stand am Montag das Landgericht Ingolstadt. Eine eindeutige Antwort gab es nicht und muss es auch nicht geben, denn die Streithähne einigten sich auf einen Kompromiss: Die Katzenbesitzerin zahlt ihrer Nachbarin die Hälfte des geforderten Schmerzensgeldes samt Behandlungskosten und vorsorglich geltend gemachte mögliche gesundheitliche Schäden für die Zukunft – zusammen knapp 2700 Euro. Erst will die Frau aber noch klären, ob ihre Haftpflichtversicherung dafür aufkommt. Ursprünglich war geplant, dass die Katze zu einer Art Gegenüberstellung in den Sitzungssaal geholt wird. Dies wäre eine absolute Ausnahme gewesen, denn bei Gericht herrscht strenges Tierverbot. Da die Parteien sich jedoch rasch einigten, verzichtete Richterin Heike Linz-Höhne darauf. Die Katze saß, begleitet vom Freund der Beklagten, vor dem Sitzungssaal in einem Korb. Um sie vor neugierigen Blicken zu schützen, war der Korb mit einem Tuch bedeckt. Richterin LinzHöhne fragte zu Sitzungsbeginn: „Ist die Katze gut untergebracht?“Dies sei wichtig, wenn sie „so ein aufregendes Ereignis in ihrem Tierleben hat“.
Die angebliche Attacke soll sich am Abend des 9. Januar zugetragen haben. Beim Spazierengehen sei die Katze ihr wie schon öfter gefolgt. Plötzlich habe das Tier sie jedoch „ohne Vorwarnung“angesprungen und in den Oberschenkel gebissen. Die Wunde entzündete sich, es folgten dutzende Arztbesuche. Eine scheußliche Narbe werde sie für immer an den Angriff erinnern.
Linz-Höhne führte die tierische Verhandlung sichtlich amüsiert. Unter dem Schmunzeln der Zuhörer meinte sie, der Vorteil dieses Prozesses sei, „eine Katze muss ich nicht belehren“. An einer Stelle fragte sie die Klägerin, woran sie die Katze in der Dunkelheit denn erkannt haben will, denn „bei Nacht sind schließlich alle Katzen grau, wobei diese schwarz-weiß ist“. Die Nachbarin will das Tier an der Fellzeichnung identifiziert haben.
Die Beklagte versicherte, dass ihre Katze noch nie gebissen habe. Allenfalls habe sie ihr schon mal eine „mit der Tatze gegeben“, wenn sie zum Tierarzt musste. Böse oder aggressiv sei ihr Liebling nicht. Im Übrigen habe sie ihre eigene Katze schon einmal mit der einer Nachbarin verwechselt. Vielleicht sei es ja doch diese Katze gewesen, die die Frau gebissen habe.
Beide Kontrahentinnen freuten sich am Ende über den Vergleich, schließlich sei ihnen als direkten Nachbarn ein halbwegs gutes Verhältnis auch weiterhin wichtig. Silke Federsel und Paul Winterer, dpa