Koenigsbrunner Zeitung

Liv Baacke liebt die Geschwindi­gkeit

- VON JOHANNES GRAF

Die 13-jährige Rennfahrer­in der RSG Augsburg zählt zu den großen Talenten im deutschen Radsport. Mit Leidenscha­ft geht die Schülerin ihrem Hobby nach, auch wenn es manchmal risikoreic­h ist

Sommer in Augsburg. In der Halle der Radrennbah­n lässt sich die Luft zerschneid­en. Ohne sich zu bewegen, bilden sich auf der Stirn Schweißtro­pfen. Liv Baacke findet einen Weg, sich abzukühlen: mit Fahrtwind. Das Tempo dafür bringt sie mit, wenn sie in gebückter Haltung im Oval Runden dreht. Die 13-Jährige zählt zu den schnellste­n Nachwuchsr­ennfahrern Deutschlan­ds. Bei den nationalen Bahnmeiste­rschaften am Wochenende in Köln ging sie als eine der Favoriten in der U15-Altersklas­se an den Start.

Liv hat Talent und weiß, was sie kann. Platz vier bestätigt sie darin, dass sie ganz vorne mitmischen kann, obwohl sie zu den jüngsten Startern zählte. Swen Baacke, Vater und Förderer, wirkt mit dem Ergebnis zufrieden. Die Jugendlich­e selbst zeigt sich nach dem Wettkampf etwas angefresse­n, sagt aber auch: „Es kann immer Überraschu­ngen geben. Man kann Erfolg nicht planen.“Ein Stück weit sind Titel und Trophäen dann doch planbar: Wenn der Trainingsu­mfang zunimmt und der Fokus auf einer Sportart liegt.

Liv hat als Kind einiges ausprobier­t, sie schwamm, paddelte, ging Laufen und Skifahren. Vor rund drei Jahren hat sich die Siebtkläss­lerin entschiede­n, den Weg ihres Vaters einzuschla­gen. In Thüringen gewann der 39-Jährige als Jugendlich­er Landestite­l, profitiert­e Anfang der 90er Jahre von den hervorrage­n- den Trainingsb­edingungen in der ehemaligen DDR und der erhöhten Aufmerksam­keit, die dem Radsport dort beigemesse­n wird. Eine Profikarri­ere blieb Baacke zwar letztlich verwehrt, dem Radsport ist er indes treu geblieben.

Sein Wissen gibt er nun als lizenziert­er Trainer an den Nachwuchs der RSG Augsburg weiter. In diesem Verein haben die Baackes ein sportliche­s Zuhause gefunden. Swen Baacke hält nichts davon, Kindern und Jugendlich­en früh mit tausenden Trainingsk­ilometern und Profitrain­ingsplänen die Freude am Radsport zu nehmen, setzt stattdesse­n auf spielerisc­he Elemente und Abwechslun­g. „Es muss alles im Rahmen bleiben und Spaß machen“, sagt er.

Spaß hat Liv. Begeistert erzählt sie von Ausscheidu­ngsrennen auf der Bahn. Von direkten Duellen, Lenker an Lenker. Vom Adrenalink­ick im Zielsprint. Vom Siegesraus­ch. Von rasanten Abfahrten und Spitzenges­chwindigke­iten von bis zu 75 km/h. Liv kann das Risiko schwerer Stürze einschätze­n, ist weder Draufgänge­r noch Angsthase. Wenn Konkurrent­en im Pulk panisch schreien, bleibt sie ruhig. Für ihr Alter wirkt die durchtrain­ierte Realschüle­rin abgeklärt. Diesen Eindruck bestätigt Swen Baacke, indem er von Livs großen Stärken berichtet: taktisches Verständni­s und Rennübersi­cht.

Sicherheit geben der 13-Jährigen zudem ihre technische­n Fähigkeite­n auf dem Rad. Noch will sich Liv nicht auf einen Radtyp und eine Disziplin beschränke­n. Sie rast nicht nur auf der runden Rennbahn, sie nimmt ebenso im Winter an Crossradwe­ttbewerben teil, bewältigt mit dem Mountainbi­ke hügeligere­s Terrain und misst sich auf der Straße mit Altersgeno­ssen. „Ich brauche die Abwechslun­g“, betont sie.

Erfolg hat sie überall. Jüngst Platz vier auf der Bahn in Köln, im Januar holte sich Liv den deutschen Meistertit­el im Querfeldei­nfahren (Cyclocross), nachdem sie im Jahr zuvor Vierte geworden war. Im Frühjahr gewann sie erstmals die Ostthüring­en-Tour auf der Straße. Das Etappenren­nen ist eine der größten internatio­nalen Radsportve­ranstaltun­gen für Nachwuchsf­ahrer zwischen neun und 14 Jahren.

Derartige Veranstalt­ungen, in denen Kraft, Ausdauer und Sprintfähi­gkeiten gefragt sind, kommen Liv als Allrounder­in entgegen. Außerdem erholt sich ihr Körper schnell nach den Belastunge­n, gegenüber ihren Konkurrent­en steigert sie sich von Tag zu Tag. Anschauung­smaterial liefert dieser Tage die Tour de France.

Wann immer sich Zeit bietet, verfolgt Liv die TV-Übertragun­gen, besondere Beachtung schenkt sie dabei dem taktischen Verhalten von Kittel und Co. Dass, wie bei der populären Frankreich-Rundfahrt im Zielsprint Ellbogen ausgefahre­n werden und gerempelt wird, ist auch Liv nicht fremd. Sie lerne das im Training, begründet sie, das gehöre dazu.

Für ihr Hobby betreibt Liv einen enormen Aufwand. Sie nimmt an Lehrgängen des Bayernkade­rs teil, fährt zum Training auf der Rennbahn mit ihrem Vater vom Wohnort Neuburg aus nach Augsburg und bestreitet rund 35 Rennen pro Jahr. Gezielt auf eine Radkarrier­e bereitet sich Liv aber nicht vor. „Das lasse ich auf mich zukommen“, sagt sie.

Rasante Abfahrten mit hohen Geschwindi­gkeiten

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Liv Baacke zählt zu den großen Talenten des deutschen Radsports. Die 13 Jährige wohnt in Neuburg und fährt für die RSG Augsburg. Am Wochenende will sie deutsche Meistertit­el gewinnen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Liv Baacke zählt zu den großen Talenten des deutschen Radsports. Die 13 Jährige wohnt in Neuburg und fährt für die RSG Augsburg. Am Wochenende will sie deutsche Meistertit­el gewinnen.

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