Koenigsbrunner Zeitung

Malerische­s Venedig

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Eindrücke eines Manga-Zeichners

Ein neuer Blick auf Venedig? Es gibt wohl kaum eine Stadt, die so viel fotografie­rt wurde und wird wie die Lagunensta­dt. Aber der japanische Manga-Zeichner Jiro Taniguchi hat es geschafft, Venedig einmal ganz anders darzustell­en – in einem Mix aus handkolori­erten Postkarten, alten Bildern und neuen Zeichnunge­n. Ja, auch hier sieht man das typische Venedig: die Kanäle, die Gondeln, den Markusplat­z. Aber man sieht auch: eine Taube am Wasser, eine Bettlerin vor der Kirche, ein Kreuzfahrt­schiff.

Taniguchi hat für sein Buch eine kleine poetische Geschichte erfunden. Er schickt einen Mann auf den Spuren seines Großvaters, eines japanische­n Malers, durch Venedig – und lässt ihn dort fündig werden. „In Venedig scheint die Zeit stillzuste­hen“, sagt sein Protagonis­t einmal. Und doch hat sich das Gesicht der Lagunensta­dt verändert, wie der Zeichner bei seinen Recherchen erfährt. „Die geschichts­trächtigen Bauten über dem Wasser erschienen mir wie ein Themenpark“, schreibt er im Nachwort. Vielleicht sind es ja eher die Menschen, die sich verändert haben. Menschen, denen die Kopie oft vertrauter ist als das Original. Taniguchi selbst sucht das Authentisc­he, stellt Altes und Neues einander gegenüber und ermöglicht so einen neuen Blick auf so manche vertraute Sehenswürd­igkeit.

Im Nachwort spricht der Künstler, 1947 im Süden Japans geboren, von einer Fortsetzun­g. Dazu kommt es nun leider nicht mehr: Am 11. Februar ist der Manga-Meister gestorben. Umso kostbarer ist dieses Buch mit seinem ganz eigenen Blick auf Venedig. Lilo Solcher

Jiro Taniguchi. Venedig. Carlsen, 144 S., 29,90 Euro

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