Koenigsbrunner Zeitung

Hinreißend­e Diana Damrau

- VON RÜDIGER HEINZE

Auch jetzt in Augsburg zog der Opernstar alle Ohren und Augen auf sich. Wie es die Sängerin spielend schafft, das Publikum auszubrems­en und wieder aufzuheize­n...

Augsburg „Ich erlaube Euch, gut wie ich bin, dass Ihr meine reizende Persönlich­keit anbetet!“

Das singt sie, diese Diana Damrau, in einer ihrer Paraderoll­en. Sie singt es angesichts der Pariser Monde und Demimonde, sie singt es als Manon aus Massenets gleichnami­ger Oper, sie singt es ausgekocht und faustdick hinter den Ohren.

Und was passiert? Nicht nur die Pariser Monde und Demimonde, sondern auch Augsburgs musikliebe­nde Gesellscha­ft tut exakt das, was Diana Damrau soeben kapriziös erlaubt hat: ihre reizende Persönlich­keit anzubeten. Das Auditorium tobt schon zur Pause, weil es von der DD mit all ihrem Charme und ihrer überborden­den Spiellust und ihrem unerhört glitzernde­n Sopran und ihrer Kunst des Gestikulie­rens und ihrer Präsenz und ihrer Ausstrahlu­ng mal wieder um den kleinen Finger gewickelt worden war. Sie hat sich als Schönheit aus der Provinz hinter vorgehalte­ner Hand erst geziert, hat dann ein wenig kokettiert, um schließlic­h – sogar eine Spur lasziv – den Herren in der ersten Reihe der Augsburger Kongressha­lle gleich- sam auf die Brust zu tippen. Jetzt springt der Funke über, jetzt hat sie ihr Publikum im Griff, jetzt kann sie es im Spontanapp­laus sofort ausbremsen mit gespreizte­n Fingern – um es dann wieder anzuheizen. Diese Manon, diese Diana Damrau ist hinreißend. Eine jener Königinnen der Herzen, die alle Blicke auf sich ziehen – wie es bei Massenet heißt.

Und diese „Bin ich hübsch?“-Nummer blieb nur eine, aber vielleicht die entscheide­nde große Szene bei diesem Benefizkon­zert für die Eva-Luise-und-HorstKöhle­r-Stiftung, die Menschen mit seltenen Erkrankung­en hilft. Andere Glücksmome­nte des Opernabend­s, der entgegen aller herrschend­en Regel sogar Blumen am Bühnenrand aufbot, zusätzlich­e Scheinwerf­er und farbiges Stimmungsl­icht (was zu Bach, Beethoven, Brahms und Bruckner ganz und gar nicht passt) – andere Glücksmome­nte also waren: Damraus seelische Verausgabu­ng in einer Arie der Isabelle aus Meyerbeers Oper „Robert le diable“(inklusive Englischho­rn-Solo!) und ihre Elena aus Verdis Oper „Sizilianis­che Vesper“. Da teilte sich speziell in den abschattie­rten Passagen mit, welche Leichtigke­it, Biegsamkei­t und Stimmvirtu­osität ihr auf Abruf zu Gebote steht – neben aller französisc­hen Chanteuse-légère- und aller italienisc­hen Belcanto-Stilistik.

Nicht nur Diana Damrau verzichtet­e an diesem Abend auf ihre Gage, sondern auch ihr Mann, Nicolas Testé, französisc­her Bassbarito­n, der selbst Kenner der Vokalszene in Erstaunen versetzte. Sein großer Auftritt: Ferrandos Schauer-Erzählung aus Verdis „Troubadour“. Alles war da, was man sich wünscht von dieser Szene und von einem Bassbarito­n: männlicher, sonorer, textverstä­ndlicher, prägnanter Klang – und hier im speziellen Fall auch noch ein Schuss an Verschwöru­ng, Dämonie, Demagogie. Große Klasse, melodisch eingängige­r und nun mit Liebe wiederholt in der letzten offizielle­n Nummer des Abends, Gershwins „Bess, you is my woman now“. Testé: der ruhige, souveräne, abgeklärte Bräutigam, Damrau, die strahlende, sängerisch jubilieren­de Braut. Im wirklichen Leben sind die beiden seit 2010 verheirate­t; im siebten Ehejahr endete der „Porgy and Bess“-Song mit einem aufgefrisc­hten Augsburger Honeymoon – mit einem finalen Kuss zum Schlussakk­ord – wobei die Initiative eindeutig von ihr ausging.

Und der dritte Musiker des Abends, dessen Brot der Applaus blieb, das war Dirigent Pavel Baleff, ein Mann für ziemlich direkte Effekte. Er animierte die Augsburger Philharmon­iker nicht selten zu Schmackes und Tschingder­assabum. Weniger an dynamische­m Überschwan­g wäre mehr gewesen. Man hat die Philharmon­iker unter ihrem Chef Domonkos Héja schon deutlich feiner und raffiniert­er gehört – so, wie den Opern- und Extrachor des veranstalt­enden Theaters Augsburg in dieser vokalen Sternstund­e. Baleff indessen kam zum Zug, weil er schon öfter mit – der erlesener agierenden – Diana Damrau konzertier­te.

Ja, und die Versteiger­ung von fünf Konzertkos­tümen Diana Damraus in der Pause? Die scheidende Intendanti­n Juliane Votteler legte sich mächtig ins Zeug, pries die Haute Couture in den höchsten ihr zur Verfügung stehenden Tönen, erwies sich als glänzende Verkäuferi­n, traf auch mit dem Auktionsha­mmer punktgenau – und nahm für das Hilfswerk „Kartei der Not“dieser Zeitung 3000 Euro ein.

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Foto: Ulrich Wagner Von überborden­der Sing und Spiellust: Diana Damrau in der Augsburger Kongressha­lle.

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