Zufällig unter Mordverdacht
Im Missbrauchsprozess gegen Genpo D. soll das Urteil fallen. Er war schon einmal im Visier der Polizei. Damals allerdings unschuldig
Bis zu seiner Verhaftung am 27. Juli 2016 war der Zen-Priester Genpo D. ein angesehener, unbescholtener Bürger. Er engagierte sich in Augsburg für den religiösen Austausch und war Vizepräsident im buddhistischen Weltverband WFB. Derzeit muss sich der Buddhist aus Dinkelscherben wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs vor dem Landgericht verantworten. Nach Informationen unserer Zeitung war Genpo D. schon vor Jahren einmal kurzzeitig im Visier der Polizei – als ein Verdächtiger im Fall des Augsburger Polizistenmordes. Damals aller- dings zu Unrecht.
Der Polizeibeamte Mathias Vieth, 41, wurde am 28. Oktober 2011 im Stadtwald erschossen. Er hatte wenige Stunden nach Mitternacht mit seiner Kollegin zwei Verdächtige auf einem Motorrad verfolgt. Im Wald eröffneten die beiden Täter plötzlich das Feuer – unter anderem mit einer Kalaschnikow. Mathias Vieth wurde von zahlreichen Schüssen getroffen und starb. Seine Kollegin wurde durch einen Streifschuss leicht verletzt. Danach lief eine große Fahndungsaktion an. Hunderte Beamte waren im Einsatz.
In den ersten Stunden hatten die Ermittler auch Hinweise auf ein Fahrzeug, das möglicherweise etwas mit der Tat zu tun haben könnte. Dieses Auto – bekannt waren offenbar zumindest Angaben wie Typ, Farbe und die Tatsache, dass es ein Augsburger Kennzeichen haben soll – wurde von der Polizei umgehend zur Fahndung ausgeschrieben. Die Fahndung lief auch international. Denn noch am Mittag des Tattages, gegen 12.30 Uhr, stoppten Polizisten in Oberösterreich ein Fahrzeug, das zu der Beschreibung passte. An Bord des Autos saßen der ZenPriester Genpo D. und ein Begleiter. Die beiden Männer waren unterwegs nach Kroatien.
Für die österreichischen Beamten stellte sich die Frage: Hatten diese Männer etwas mit dem Mord in Augsburg zu tun und waren sie womöglich auf der Flucht? Die Männer wurden erst mal festgenommen. D. und sein Begleiter nahmen sich Anwälte, die sich um ihre Rechte kümmern sollten. Doch dann stellte sich relativ bald heraus, dass die Zwei nichts mit dem Mordfall zu tun hatten. Sie hatten mit dem Wagen wohl einfach zufällig ins Raster der Fahndung gepasst und wurden wieder freigelassen.
In Polizeikreisen wird bestätigt, dass kurz nach dem Mord tatsächlich zwei Männer in Österreich festgesetzt worden seien. Die Polizei hatte in den Tagen nach der Tat eine ganze Reihe von Verdächtigen vorübergehend festgenommen. Unter anderem auch einen Mann, der in der Tatnacht mit dem Rad durch den Stadtwald gefahren war und sich dort bei einem Sturz Schürfwunden zugezogen hatte. Den Brüdern Raimund Mayr und Rudolf Rebarczyk, die später als Mörder verurteilt wurden, kamen die Fahnder nach einigen Wochen auf die Spur. Sie wurden Ende 2011 verhaftet. Beide wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt, gegen Rudolf Rebarczyk wurde zudem Sicherungsverwahrung verhängt.
Im Missbrauchsprozess gegen Genpo D. soll heute das Urteil verkündet werden. Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Missbrauchs von sieben Jungen im Alter von vier bis 13 Jahren eine neunjährige Haftstrafe beantragt. Verteidiger Hermann Kühn hält maximal sechs Jahre für angemessen.