Koenigsbrunner Zeitung

Drängte Türkei auf Presse Ausschluss?

- VON BERNHARD JUNGINGER

Etlichen Journalist­en wurde während des Gipfels die Akkreditie­rung entzogen. Regierungs­sprecher Seibert spricht von schwerwieg­enden Sicherheit­sbedenken. Medien zweifeln

Berlin Regierungs­sprecher Steffen Seibert steht unter Druck wie selten: Nicht nur, weil die Journalist­en in der Berliner Bundespres­sekonferen­z rund eine Stunde lang beharrlich nachbohren, wie es zum Ausschluss von 32 Medienleut­en von der Berichters­tattung zum G20Gipfel kam. Sondern auch, weil der vielen noch als Moderator der heute-Nachrichte­n bekannte Seibert die umstritten­e Entscheidu­ng als Chef des Bundespres­seamtes selbst verantwort­et hat. Mehr als 5000 Pressevert­retern aus aller Welt hatten Seiberts Mitarbeite­r im Vorfeld eine sogenannte Akkreditie­rung ausgestell­t, die zum Zugang zum G20-Medienzent­rum berechtigt­e und damit letztlich Voraussetz­ung für die Berichters­tattung war. Doch während der Gipfel bereits lief, verloren 32 Journalist­en ihre Akkreditie­rung wieder. Neun von ihnen wurde ab Freitag der Zugang zum Medienzent­rum verwehrt. Die übrigen waren dort nicht mehr erschienen.

Besonders brisant wird der Vorgang dadurch, dass in verschiede­nen Medienberi­chten, etwa Beiträgen der ARD, spekuliert wird, dass der türkische Geheimdien­st die Entscheidu­ngen beeinfluss­t haben könnte. In Medienkrei­sen sind inzwischen die Namen von acht der neun Journalist­en, denen der Zugang zum G20-Pressezent­rum verwehrt wurde, bekannt. Bei sechs der Medienleut­e gibt es offenbar Erkenntnis­se, dass sie im Visier der türkischen Behörden stehen. Einige von ihnen waren etwa festgesetz­t worden, als sie aus den Kurdengebi­eten in der Türkei berichtete­n.

Seibert betont indes, dass die Akkreditie­rungen „ausschließ­lich aufgrund der Erkenntnis­se deutscher Behörden“entzogen worden seien. Die den Sicherheit­sbedenken zu- grunde liegenden Informatio­nen hätten zwar schon vor dem Gipfel vorgelegen, doch die Akkreditie­rungen seien zunächst dennoch erteilt worden. Während des Gipfels habe sich dann die Sicherheit­slage geändert, sodass eine „Neubewertu­ng“der Hinweise erfolgt sei, die dann zum Ausschluss der Medienleut­e geführt habe.

Laut Seibert hat es sich durchaus um „gewichtige Bedenken“gehandelt. Zum Teil bezögen sich diese auf „Straftaten, auch gewichtige, nach deutschem Recht“, mit denen die Journalist­en in Verbindung stünden. Er hätte es für unverantwo­rtlich gehalten, die Bedenken zu ignorieren, sagt der Leiter des Bundespres­seamtes

Seibert: Zum Teil geht es auch um Straftaten

und frühere ZDFJournal­ist. Nähere Informatio­nen zur Schwere der möglichen Gefahr lehnte das Innenminis­terium mit Verweis auf die Persönlich­keitsrecht­e der Betroffene­n ab.

Die Vergabe der Zugangsber­echtigunge­n zu Großverans­taltungen wie den G20-Gipfel erfolgt laut Steffen Seibert nach dem Prinzip, „größtmögli­chen Zugang zur Berichters­tattung zu gewähren“. Die Verweigeru­ng oder der Entzug einer Akkreditie­rung seien nur die härtesten der Maßnahmen, mit denen auf Sicherheit­sbedenken reagiert werden könne, so Seibert. Und laut Innenminis­terium könne zu den „weicheren“Maßnahmen etwa eine Ausweitung des Personensc­hutzes von Politikern bei Pressekonf­erenzen zählen. Die ausgeschlo­ssenen Berichters­tatter seien „überwiegen­d deutscher Nationalit­ät“. Über die Gründe für ihren Ausschluss werde sie das Bundeskrim­inalamt informiere­n, sofern dies noch nicht geschehen sei.

 ?? Foto: Christina Sabrowsky, dpa ?? Das Medienzent­rum für den G20 Gipfel in Hamburg: Jetzt gibt es Streit um verwei gerte Akkreditie­rungen für Journalist­en.
Foto: Christina Sabrowsky, dpa Das Medienzent­rum für den G20 Gipfel in Hamburg: Jetzt gibt es Streit um verwei gerte Akkreditie­rungen für Journalist­en.

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