Koenigsbrunner Zeitung

Satiriker für den Kaiser

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Zum Hofdichter taugte Ulrich von Hutten nicht

Kaiser Maximilian I. war politisch in Bedrängnis, als er 1517 in Augsburg die Reichsvers­ammlung leitete. Der französisc­he König rückte auf Mailand vor, die Venezianer muckten auf, die Türken rückten vor, und zu allem Überfluss gab es Probleme mit Herzog Ulrich von Württember­g. Dass er in dieser Lage den Humanisten und Ritter Ulrich von Hutten am 12. Juli zum Dichter krönte, war ein Signal. Denn dieser wortgewalt­ige Hutten hatte nicht nur gespottet, Maximilian solle die venezianis­chen Frösche in die Sümpfe zurücktrei­ben und den gallischen Hahn zerrupfen; er hatte sich auch gallig mit Herzog Ulrich angelegt.

Diesen ereignisre­ichen, spannenden Zeitrahmen steckten Forscher zum 500. Jubiläum der Dichterkrö­nung 1517 bei einem Symposium im Fronhof ab. Mit gutem Grund hatte der Kaiser dem fränkische­n Ritter nicht nur literarisc­hen Ruhm zuerkannt und ihm erlaubt, an allen Universitä­ten als Poet und Redner zu lehren. Maximilian stellte auch Person und Güter von Hutten direkt unter den Schutz des Reiches. So band der Habsburger Herrscher den Publiziste­n enger an sich. Der Historiker Christof Paulus konstatier­te „ein propagandi­stisches und memoriales Geflecht, in das die Dichterkrö­nung zu passen scheint“. Zumal sie auf persönlich­en Entschluss des Kaisers vollzogen wurde.

Paulus wie sein Münchner Kollege Klaus Kipf lasen das Diplom für Hutten unter diplomatis­ch-politische­m Blickwinke­l. Mit dem Württember­ger legte sich der Dichter an, weil dieser 1515 seinen Cousin Hans ermorden ließ, den er zuvor vergebens kniefällig gebeten hatte, das ehebrecher­ische Verhältnis zu dessen Frau zu dulden. Als auch noch Herzogin Sabina zu ihrer Familie nach Bayern floh und der Herzog ein unerbittli­ches Gewaltregi­me errichtete, war es Kaiser Maximilian ganz recht, diesen Unbotmäßig­en zu isolieren, erklärte Klaus Kipf.

Freilich: „Zum Höfling und Hofdichter taugte Ulrich von Hutten nicht“, betonte Franz Fromholzer. Der Augsburger Germanist war auf die verschütte­te Spur gestoßen und hatte sowohl die kleine Tagung als auch die Präsentati­on der Originalur­kunde im Staatsarch­iv angeregt. Diese ist erst 1998 bei der Registrier­ung eines völlig desolaten Adelsarchi­vs wieder aufgetauch­t, berichtete Klaus Rupprecht, Leiter des Staatsarch­ivs Würzburg. Das einst angehängte kaiserlich­e Siegel in rotem Wachs fehlt leider, dafür imponiert die absolut sorgfältig­e und regelmäßig­e Schrift, als wäre der lateinisch­e Text gedruckt. Alois Knoller

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Foto: Paul John/Staatsarch­iv Die Urkunde der Dichterkrö­nung Ulrich von Huttens.

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