Das Spektakel Rocky Horror Show
Schon Stunden vor den Besuchern kommen die Mitarbeiter zur Freilichtbühne. Für die Aufführung gibt es viel vorzubereiten. Und dann ist da noch die leidige Sache mit dem Wetter …
Sorgfältig werden die Lindenblätter von der Bühne gesaugt, Blatt für Blatt. Denn rund um die Freilichtbühne gibt es viele Bäume, die für stetigen Nachschub sorgen und somit auch für ein Sicherheitsrisiko. „Die Tänzer könnten darauf ausrutschen“, sagt Philipp Peters, Sprecher des Theaters. Damit das nicht passiert, wird also gesaugt. Und das nicht nur kurz vor dem Auftritt.
Denn nach jedem Auftritt hinterlassen die Besucher, viele von ihnen eingefleischte Fans des Spektakels, so einiges: Konfetti, das etwa bei der Hochzeitsszene geworfen wird, oder Bierfilzchen, auf denen eine Toastscheibe abgebildet ist, die bei der Dinner-Szene benötigt wird. Genauso wie die „Rocky Horror Show“selbst haben auch diese Utensilien absoluten Kultstatus.
Um 18 Uhr treffen sich einige Abiturienten und Studenten und bestücken vor jeder Aufführung hunderte Fan-Bags. „Die Tüten sind so gefragt, dass wir inzwischen die Beigaben nachordern müssen“, sagt Peters. Während die Helfer im Außenbereich der Freilichtbühne eifrig Tüten befüllen, wird innen der Abend vorbereitet. Im Höfle, im bewirteten Treffpunkt inmitten der alten Wehranlage, herrscht eine leicht angespannte Atmosphäre. Wird es regnen oder hält das Wetter? Das ist das Thema, über das alle sprechen: Techniker, die meist schon gegen 17 Uhr auf der Freilichbühne eintreffen, genauso wie Schauspieler, Tänzer und auch Musiker. Und natürlich ist es das Thema, das auch Sibylle Schmalbrock brennend interessiert. Die Inspizientin koordiniert den Abend von einem kleinen Arbeitsplatz oberhalb der Bühne aus. Sie informiert die Schauspieler, wann sie die Bühne verlassen müssen, weil die ersten Besucher den Zuschauerbereich betreten und gibt später den Künstlern das Signal für ihren Einsatz. Sie unterstützt die Kollegen – dafür liegen ihr alle Texte, Noten und Ablaufpläne vor. „Sobald es regnet, gibt es eine andere Fassung“, sagt sie. Denn bei Regen ist bei einem OpenAir-Theater nun einmal alles anders. Eine Stunde vor Einlass des Publikums ist es heiß und schwül, zwischendurch nieselt es leicht. Philipp Peters studiert das Regenradar seines Smartphones und auch Dramaturgin Johanna Mangold blickt immer wieder in die Wetter-App ihres Handys. Beide Wettervorhersagen sagen etwas anderes.
Die Dramaturgin hat im September die ersten Gespräche über das Stück geführt. „Alles braucht seine Zeit. Allein die Bühne muss von einem Schreiner gefertigt werden. Dann gibt es viele andere Ideen wie die Fahrt mit der Isetta oder der Harley, die organisiert werden müssen“, sagt Mangold. Viele kleine Arbeitsschritte ergeben am Ende auf der Bühne das große Ganze.
Und das will gut vorbereitet sein. Ballettmeister Jens Weber spricht mit den Tänzern noch einige Szenen durch. „Auch wenn die Proben beendet und die ersten Auftritte absolviert wurden, gibt es immer noch Fragen, die geklärt werden müssen“, sagt er. Rund 100 Mitarbeiter sind vor und hinter der Bühne mit dem Stück beschäftigt. Während die Tänzer ihre Übungen auf der Probe beenden und in die Garderobe gehen, haben dort die Maskenbildnerinnen alle Hände voll zu tun. Rocky alias Tom Dewulf bekommt dort gerade seine langen schwarzen Wimpern verpasst. „Kleben, kleben, kleben“lautet die Devise und auch bei Riff Raff (Andy Kuntz) wird geklebt.
Monica Plant kommt meist schon zwischen 15 und 16 Uhr in die Garderobe, um ihren Arbeitstag vorzubereiten: Perücken müssen auffrisiert, die Künstler aufwendig geschminkt werden. Eine Stunde sitzt Andy Kuntz in der Maske. „Normalerweise schlafe ich“, sagt er und lacht. Monica Plant hat ihm über die Perücke noch eine Halbglatze geklebt. Ob der Kleber hält?
Das fragt sich an diesem Abend im Höfle auch Sebastian Baumgart, der den spießigen Brad spielt. Unentwegt zupft er an der Perücke. Doch aus der Ruhe bringt ihn weder das falsche Haar noch die trüben Wetteraussichten. Er unterhält sich mit dem musikalischen Leiter Tim Allhoff. „Für mich ist es eine Freude und Ehre, wieder in meiner Heimatstadt mitwirken zu dürfen“, sagt der Jazzmusiker. Und auch eine gute Erfahrung: sechsmal die Woche dasselbe Stück zu spielen, sei nicht immer einfach. „Es funktioniert aber, weil das Augsburger Publikum so gut mitmacht“, sagt er.
Die Mikrofone der Darsteller werden beim Soundcheck überprüft. Dann heißt es hinter die Bühne gehen und auf den Einsatzhinweis von Sibylle Schmalbrock warten. An diesem Abend hält das Wetter bis kurz nach der Pause. Dann muss die Vorstellung abgebrochen werden.
Während kräftiger Regen einsetzt, bleiben viele Besucher stehen und applaudieren kräftig. „So ein Abbruch ist auch für alle Mitwirkenden schlimm, weil sie durchspielen wollen“, sagt Philipp Peters.